„Wir haben einen politischen Auftrag“

Die neu gewählten Inga-Vorsitzenden Surminski und Gruner-Olesen wollen der Flüchtlingshilfe mehr Struktur geben.

Foto: Simone Bahrmann

Wülfrath. Für eine lokale Initiative wie die Inga ist die aktuelle Flüchtlingswelle eine Herausforderung. Allerdings aus anderen Gründen, als der ein oder andere vermuten mag. Die neue zweite Vorsitzende Christel Gruner-Olesen verrät: „Nicht die Flüchtlinge wurden für uns zum Problem, sondern die ganzen Freiwilligen.“

Die Inga ist eben klein, aber fein. Die 28 Mitglieder und die fast ebensovielen Unterstützer sind nur lose organisiert. So ist die Initiative zwar wendig — aber auch schnell in der Struktur überfordert. Gruner-Olesen berichtet: „Das ist, als würde ein Aldi plötzlich 30 statt fünf Mitarbeiter haben. Irgendwer muss die ja alle einarbeiten.“ Nach einem Aufruf gab es bei der Inga plötzlich mehr neue Freiwillige als Mitglieder. Jetzt suchen die Helfer nur noch gezielt Ehrenamtler, die es gewohnt sind, selbstständig zu arbeiten.

Der neue Vorsitzende Paul Surminski kennt die Problematik: „Meine Aufgabe wird es sein, die Inga deutlicher zu strukturieren.“ Derzeit bieten die Mitglieder den Flüchtlingen im Stadtgebiet viel: Deutschunterricht, Spielgruppen, zwei Kochgruppen, eine Lerngruppe und eine Beratungsgruppe. Der 59-jährige Programmierer Surminski denkt über eine Homepage mit einem Newsletter nach, damit die Mitglieder noch besser vernetzt werden.

Gleichzeitig gehören die Inga-Aktiven zu denjenigen, die in Wülfrath den engsten Kontakt zu den Menschen in den Flüchtlingseinrichtungen pflegen.

So arbeiten etwa die von der evangelischen Kirchengemeinde unterstützten Stadtlotsen gerne mit der Inga zusammen, denn deren Mitglieder wissen am besten, welchem Flüchtling der Schuh drückt. Man kennt sich.

Die langjährige Vorsitzende Annemarie Lüderitz hat ihr Amt aus Altersgründen aufgegeben, bleibt dem Vorstand aber als Schriftführerin erhalten. Für Paul Surminski ist die direkte Flüchtlingsarbeit neu: „Bevor ich vor zwei Jahren zur Inga kam, hatte ich darin keine Erfahrung.“ Allerdings kennt er sich in einem verwandten Bereich bestens aus: Surminski war mehr als zehn Jahre einer von zwei Amnesty-International-Mitgliedern in Wülfrath.

Christel Gruner-Olesen, daraus macht auch Surminski keinen Hehl, hätte eigentlich erste Vorsitzende werden sollen, sie wollte jedoch aus persönlichen Gründen derzeit bei der Inga lieber „nur“ den zweiten Platz an der Spitze einnehmen. Die 69-jährige Sozialpädagogin ist seit rund fünf Jahren bei der Inga.

Ihr ist wichtig, dass die Initiative nicht nur für die direkte Flüchtlingsarbeit steht. „Wir haben auch einen politischen Auftrag“, erinnert sie. „Wir müssen nicht nur betreuen, sondern auch für diese Leute einstehen.“ Was gerade in den sozialen Netzwerken manchmal über Flüchtlinge gesagt wird, sei schrecklich, weiß Gruner-Olesen von anderen Mitgliedern. „Deshalb bin ich selbst nicht bei Facebook.“ Dass Flüchtlinge in Deutschland in vielen Teilen der Bevölkerung einen schweren Stand haben, das sei in ihrer Wahrnehmung nicht erst seit den Vorfällen in Köln so.

Direkt angegangen worden sind Gruner-Olesen und Surminski wegen ihrer Flüchtlingsarbeit noch nie. Aber es sei schon vorgekommen, dass andere medienpräsentere Helfer in Wülfrath anonyme Anrufe bekommen haben.

Surminski sieht die Flüchtlingssituation in Wülfrath so: „Klar ist es durchaus eine Belastung, aber es ist zu bewältigen.“ In diesem Zusammenhang lobt er die lobenswerte Einstellung der Stadt: „Die sagen sich: Es ist nicht einfach, aber wir müssen das schaffen.“