Wülfrath: Bildung - Die Eltern klatschen Beifall

Die Förderschule als Kompetenzzentrum für die Regelschule: Die Politik stimmt dem Pilotprojekt zu. Eltern behinderter Kinder begrüßen diese Entscheidung. Lehrer haben allerdings Bedenken.

Wülfrath. Ab dem kommenden Schuljahr stärkt die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UNO) den Willen der Eltern behinderter Kinder - vor allem was die freie Wahl der Schule betrifft. Die Mehrheit der behinderten Kinder wird derzeit noch in Förderschulen unterrichtet.

Dieses System steht nun vor einem gewaltigen Umbruch. Der Kreis plant, sich für ein Pilotprojekt von sogenannten "Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung" des Landes zu bewerben (die WZ berichtete).

In jeder Stadt im Kreis Mettmann musste der jeweilige Schulausschuss dafür stimmen. Auf der Sitzung am Mittwoch gab auch das Wülfrather Gremium seinen Segen - und das ohne Gegenstimme.

Die Wülfrather Politik nahm sich dafür Zeit. Mehr als zwei Stunden führten die Ausschussmitglieder eine von Emotionen angeheizte Debatte. Nicht abnicken, sondern Für und Wider diskutieren - war die Devise. Schulrat Wolfgang Lindemann skizzierte, wie sich der Umgang mit behinderten Kindern in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat und überzeugte so auch unschlüssige Mitglieder.

Letztendlich stand und fiel die Entscheidung für das Projekt mit dem Votum des Wülfrather Ausschusses. Alle anderen Städte hatten bereits im Vorhinein mit Ja gestimmt. Weil der Kreis Mettmann die Bewerbung noch bis Ende diesen Monats versandfertig machen wollte, musste noch auf dieser Sitzung eine Entscheidung getroffen werden.

Moralisch gesehen plädierten alle Verantwortlichen für mehr gesellschaftliche Teilhabe und Förderung behinderter Kinder. Dennoch hatten die Schulkonferenzen der weiterführenden Schulen Wülfraths erhebliche Bedenken geltend gemacht. Wohingegen die Grundschulen mehrheitlich dafür stimmten. Deutlich zeigte sich, dass der Ausschuss die Bedenken der Schulleiter ernst nimmt.

"Wie sollen wir das im Schulalltag bewerkstelligen?", fragte Frieder Winterberg, Leiter der Theodor-Heuss-Realschule. Der "Berg Papier", so Winterberg, beinhalte keine Hinweise auf mehr Personal. Der Mehraufwand an Beratung und Weiterbildung sei zu groß. "Desaströs", bezeichnet Winterberg die Bedingungen des Konzeptes, das "mit der heißen Nadel" gestrickt worden sei. "Die Bedingungen in der Schule müssen auch stimmen, sonst bricht der Laden zusammen", sagte Frieder Winterberg.

Ulrike Romund (DLW) erklärte, dass es das Konzept nicht zum "Null-Tarif" gebe. "Sie sprechen davon, dass Sie es ,versuchen’ und ,dabei sind’", monierte Andreas Seidler (CDU) die Ausführungen des Schulrates. Dem Ausschuss war es wichtig, dass das Land in Zukunft die Kosten für Sachleistungen und Personal trägt. Eine entsprechende Resolution wurde gefasst.

Manfred Hoffmann (SPD) forderte im Umgang mit behinderten Kindern im Schulsystem eine "Veränderung im Kopf". Und auch Jugendamtsleiter Hans-Werner van Hueth machte klar: "Wir müssen mit dem Projekt jetzt beginnen, sonst ist der Zug abgefahren."

Die Eltern behinderter Kinder, die derzeit Schüler der Grundschule Ellenbeek sind, applaudierten.