Zwar-Netzwerk füllt sich mit Leben
Menschen zwischen Arbeit und Ruhestand treffen sich zu gemeinsamen Unternehmungen.
Wülfrath. Aus dem Internetcafé der Arbeiterwohlfahrt (Awo) dringt ein lautes Lachen: 13 Ruheständler sitzen dort um einen runden Tisch: Sie halten ihre Smartphones in der Hand, wischen über Tablets oder tippen auf ihrem Laptop. Vor allem aber lauschen sie, was Stephan Rodemann ihnen zu erzählen hat: Der studierte Informatiker leitet den Kurs, der die Senioren mit der digitalen Welt bekannt macht.
Die Gruppe gehört zum Zwar-Netzwerk. Zwar, das ist eine Abkürzung für Menschen „Zwischen Arbeit und Ruhestand“. Das Besondere daran: Die Rentner können selbst bestimmen, wie sie ihre Freizeit gestalten wollen. Durch das Netzwerk finden sie Gleichgesinnte für ihre Interessen — etwa zum Joggen, Spazierengehen oder auch für Koch- und Spieleabende.
Seit Ende vergangenen Jahres spinnt Zwar seine Fäden auch in Wülfrath. Es war die Arbeiterwohlfahrt, die die ersten Schritte mit Unterstützung der Stadt dafür eingeleitet hat. An alle Einwohner zwischen 55 und 70 Jahren schickte die Stadt damals einen Brief, in der sie zu einem ersten Treffen bei der Awo eingeladen hat. Mehr als 150 Interessierte sind damals gekommen. Sie sammelten, welche Angebote sie interessieren würden.
Daraus haben sich mehrere Netzwerkgruppen gebildet: Es gibt etwa eine Kultur-, eine Kreativ-, eine Trommel- und auch eine Fotografiegruppe. Andere treffen sich zum gemeinsamen Kochen, Nähen oder besuchen zusammen Restaurants. Die Gruppen organisieren sich selbst. Der Computerkurs von Stephan Rodemann ist eines der Angebote, das auf Wunsch der Senioren entstanden ist. „Das Netzwerk orientiert sich am Interesse der Leute, es setzt ihnen kein fertiges Angebot vor“, erklärt der Kreis-Awo-Vorsitzende Peter Zwilling. Und Interesse wie mit „Hunden spazieren gehen“ können andere Bildungseinrichtungen nicht leisten. Zwilling betont deshalb: „Die Awo leitet das Netzwerk nicht, sie stellt nur die Räumlichkeiten zur Verfügung. Es könnte aber auch jederzeit woanders stattfinden.“
Derweil lernen die Senioren im Computerkurs von Stefan Rodemann wie sie digitale Fotos bearbeiten und die Bilder in der Cloud abspeichern. Auch bei den Themen hatten sie Mitspracherecht: Das wissen die Teilnehmer zu schätzen. Neben dem Fachwissen, spielt bei ihnen die soziale Komponente eine große Rolle. Das merkt auch Stephan Rodemann: „Die Gruppe hat sich gefunden, die Stimmung ist sehr gut und die Leute sind mit Spaß und Engagement dabei.“
Und da das Zwar-Netzwerk von eigenen Ideen und Selbstorganisation getragen wird, gibt es alle zwei Wochen ein „Zwar-Basis-Treffen“ im Awo-Haus: Dort kommen die Mitglieder der Netzwerkgruppen zusammen, tauschen sich aus und bringen neue Ideen ein. „Ich frage sie immer, gibt es noch etwas, was ihr gerne machen möchtet“, sagt Awo-Leiterin Ute Prem, die die Treffen moderiert. Verpflichtend ist die Teilnahme jedoch nicht. Überhaupt ist das Netzwerk zwanglos, eine Mitgliedschaft gibt es nicht.
Für Neuankömmlinge sei es jedoch sinnvoll an den Basistreffen teilzunehmen, denn dort erfahren sie, welche Veranstaltungen in den nächsten zwei Wochen anstehen. „Jeder Bürger, der sich betätigen will und etwas für die Freizeit sucht, ist willkommen, vielleicht findet er bei uns etwas schönes oder hat selbst einen Vorschlag“, sagt Prem.