Bestatter wünschen mehr Freiraum

Sie halten die in Nettetal erlaubten Bestattungsformen für nicht ausreichend und zu teuer. Die Stadt weist die Kritik zurück.

Foto: Joachim Burghardt

Nettetal. Eigentlich hatte Stefan Hähnel aus Breyell seinen Bruder auf einem Nettetaler Friedhof beerdigen wollen. Doch die Urne mit den sterblichen Überresten des Bruders wurde an einem Baum im Naturbegräbniswald in Venlo beigesetzt. „Solch eine Begräbnisart gibt’s hier nicht“, sagt Hähnel über die Bestattungsmöglichkeiten in Nettetal: „Und überhaupt sind die Beisetzungen hier einfach zu teuer.“

Wie Hähnel entscheiden sich immer mehr Nettetaler für eine Beerdigung außerhalb der Stadt, sagt Bestatter Hanno Helgers aus Lobberich. „Das ist schon länger Trend. Viele Menschen wünschen sich alternative Bestattungsformen, die es in Nettetal nicht gibt“, hat Helgers erfahren. Und so manche seien auch nicht bereit oder in der Lage, die in der Friedhofsgebührensatzung aufgeführten Preise für Beisetzungen in Nettetal zu bezahlen. „Hier fangen die Kosten für eine Urnenbestattung bei weit über 2000 Euro an, in Venlo bei weniger als 300 Euro“, sagt Helgers. Rund ein Drittel der Bestattungen führt er in Venlo durch.

Immer häufiger gefragt sind auch Flussbestattungen auf der Maas, erläutert Helgers: „Vor allem die jüngere und mittlere Generation hat ihre eigenen, individuellen Vorstellungen von Beerdigungen, will sich nicht einschränken lassen von Vorschriften und Satzungen auf Nettetaler Friedhöfen.“

Helgers Eindrücke decken sich mit denen von Trauerredner Willi Wienen. Viel aufgeschlossener sei man in den Niederlanden für individuell gestaltete Trauerfeiern und Beerdigungen, „während bei uns vieles bis ins letzte Detail reglementiert ist, auch mit Gebührensätzen“, sagt Wienen.

„Nicht mehr zeitgemäß“ nannte Bestatter Robert Hellmann aus Lobberich schon im vergangenen Jahr das Angebot an Beisetzungen auf den sechs kommunalen Friedhöfen in Nettetal und ließ kein gutes Haar an der Friedhofssatzung: „Da blickt doch kein Mensch durch.“ Hellmann hat daher einen eigenen Flyer herausgegeben, auf dem die in Nettetal möglichen Bestattungsarten und die Gebühren dafür verzeichnet sind.

Rainer Lankes vom Nettebetrieb

Kurios dabei: In der Satzung ist seit anderthalb Jahren auch die Beisetzung in einer Urnenstele zu einem Preis von rund 2200 Euro vorgesehen — doch diese Stele gibt es gar nicht. Rainer Lankes vom Nettebetrieb sagt dazu: „Die Urnenstele auf dem Lobbericher Friedhof ist jetzt im Bau, sie wird im Juli fertig. Leider hatte sich das Ausschreibungsverfahren verzögert.“

Lankes kann die Kritik der Bestatter „bei allem Respekt vor ihrem Engagement“ nicht nachvollziehen: „Wir sehen keinen Trend, dass in Nettetal weniger beerdigt wird.“ Die Zahl der Beisetzungen sei mit etwa 380 bis 400 seit Jahren konstant. Und den Vorwurf, Beisetzungen auf Nettetaler Friedhöfen seien zu teuer, weist er zurück: „Wir haben jahrelang zu niedrig kalkuliert, mussten ein Defizit ausgleichen. Die tatsächlichen Kosten müssen wieder reinkommen.“

Über die Friedhofssatzung und die Nutzung — also darüber, welche Bestattungsformen zu welchen Preisen angeboten werden — entscheide letztlich die Politik, sagt Lankes. Eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Politik, zu der auch die Kirchen hinzugezogen würden, berate außerdem über mögliche neue Angebote. Lankes: „Was sicher noch kommen wird, sind Baumbestattungen, also eine Urnenbeisetzung im Wurzelbereich mit Namensschild.“ Anonyme Bestattungen, bei denen die Asche verstreut wird, schließt Lankes allerdings aus: „Das wollen wir in Nettetal nicht.“

Hinterbliebene wie Stefan Hähnel würden die Möglichkeiten einer Baumbestattung in Nettetal zwar begrüßen, aber der Breyeller schränkt ein: „Letztlich sind die Kosten entscheidend.“