Boisheim erholt sich langsam vom Tornado

Besonders auf dem Friedhof hat der Sturm schwere Schäden hinterlassen. Die Aufräumarbeiten machten auch am Pfingstwochenende keine Pause.

Foto: Knappe

Viersen. Boisheim nach dem Tornado: Ruhe ist eingekehrt, in Viersens kleinstem Stadtteil. Beschaulich wirkt er, doch wenn man in eine der kleinen Seitenstraßen hineinschaut, ist das Ausmaß der geballten Kraft des Tornados noch zu sehen. Dort wo am Straßenrand stattliche Bäume standen, ragen nun abgesägte Baumstümpfe heraus. An vielen abgedeckten Dächern wird repariert, einige Häuserwände sind beschädigt und die Glasscheiben zersprungen. Besonders den Friedhof hat es schwer erwischt. Ein demoliertes Auto steht am Straßenrand, mit einem dicken Baumstamm auf dem Dach. Ein Blick durch das mit rot-weißer Banderole abgeklebte Friedhofstürchen macht deutlich: Für Besucher bleibt der Friedhof erst einmal geschlossen. Und doch herrscht am Pfingstsamstag dort seit sechs Uhr morgens reges Treiben.

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Tanja Erben, 35 Jahre

Foto: Knappe

Um die Verwüstungen so schnell wie möglich zu beseitigen und den normalen Friedhofsbetrieb wieder aufnehmen zu können, haben sich Mitarbeiter der Städtischen Betriebe kurzfristig schweres Gerät geliehen. Sie nutzen das freie Wochenende, um in Ruhe arbeiten zu können. Ein zusätzlicher Hubsteiger und Motorsägen kommen zum Einsatz. „Samstags ist kein Friedhofsbetrieb. Wir werden heute so lange arbeiten wie es geht, damit der Friedhof schnell wieder geöffnet werden kann“, erzählt Nicole Strucken, Gärtnermeisterin der Städtischen Betriebe.

Das neunköpfige Team zersägt Äste und Baumstämme, setzt Baumfragmente mit dem Hubsteiger ab und räumt die Wege frei von auf Spannung liegenden Aststücken. „Diese sind besonders gefährlich, denn wenn sie unkontrolliert hervorschnellen können sie mit ihrer Wucht schwere Verletzungen verursachen“, berichtet die Gärtnermeisterin. Ein wenig Ruhe sei aber mittlerweile eingekehrt und das Dach der Totenhalle schon repariert. „Alle groben Arbeiten werden wir heute noch schaffen, der Rest wird im Laufe der nächsten Woche abgeholt“, sagt Strucken weiter. Danach können die feineren Reparaturen durchgeführt werden. Strucken: „Die Hauptwege werden voraussichtlich am Donnerstag wieder begehbar sein, nur an einigen Seitenwegen müssen wir noch mal ran.“

Tanja Erben (35) geht mit ihrem Sohn Romano (7) am Friedhof spazieren. „Ich habe große Angst gehabt und kann immer noch nicht fassen, was hier passiert ist“, erzählt sie. So eine Verwüstung habe sie noch nie gesehen. „Die Zugänge zu den Wäldern und zum Friedhof sind noch gesperrt und das ist auch gut so. Es wird bestimmt noch zwei Wochen dauern, bis alles wieder aufgeräumt ist“, vermutet sie. „Aber hier arbeiten alle gemeinsam daran, und das finde ich sehr gut!“

Erik Osterburg, 50 Jahre

Erik Osterburg (50) räumt seinen Vorgarten auf. „Ich bin berufstätig und nutze das Wochenende, um hier klar Schiff zu machen.“ Er habe sich den Hagelsturm in seinem Wintergarten anschauen wollen. „Doch schnell habe ich bemerkt, dass das hier kein normaler Sturm ist. Ich hatte das Gefühl, dass der gesamte Wintergarten gleich abhebt und die Bäume knickten weg. Da bin ich noch rechtzeitig ins Haus gelaufen. Dort sind uns dann die Dachziegel durch die Küchenscheiben um die Ohren geflogen“, erzählt der Berufssoldat. Später habe er fremde Gegenstände in seinem Garten gefunden. „Unser Trampolin vermisse ich allerdings immer noch. Keiner weiß, wo es abgeblieben ist.“ Er und die ganze Nachbarschaft räumen die Schuttberge aus den Gärten an die Straße und warten darauf, dass sie so schnell wie möglich abgeholt werden. „Man hat uns zugesichert, dass dies schnell passiert, aber durch das Pfingstwochenende hat sich das wohl verzögert.“

Ängste plagen die Menschen dennoch weiter. Keiner weiß, ob, wann und welche Schäden von den Versicherungen beglichen werden und viele haben Angst, zu dem Schrecken zusätzlich noch auf den Kosten sitzen zu bleiben. „Besonders die älteren und alleinstehenden Menschen in unserer Nachbarschaft brauchen nun Hilfe. Aber wir unterstützen und hier alle“, sagt Osterburg. Sogar Freunde von auswärts hätten sich angemeldet, um zu helfen. Ein großes Lob an die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und andere Einsatzkräfte und Helfer, die die verstörten Menschen getröstet und mit Getränken versorgt haben, möchte Osterburg noch loswerden. „Sie waren alle sofort da und haben gut gearbeitet. Wir sind froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“