Bürgermeisterwahlen Interesse an der Landratswahl war erschreckend gering

Der klare Sieger am Sonntag hieß Andreas Coenen — obwohl er 13.000 Stimmen weniger bekam als Peter Ottmann 2009.

Foto: Reimann

Kreis Viersen. Wolfgang Lochner nahm’s pragmatisch: „Jetzt kann ich in Ruhe als Anwalt weiterarbeiten“, sagte der FDP-Landratskandidat schon am Wahlabend, nachdem die ersten Ergebnisse bekannt geworden waren. Statt der im WZ-Interview erhofften „30 Prozent plus X“ reichte es nur zu 16 Prozent. Lochner, in Kempen populär, hatte offenkundig seinen Bekanntheitsgrad im Kreisgebiet überschätzt. Und selbst in der Thomasstadt bekam er „nur“ 21 Prozent.

Sieger sehen anders aus. Doch Verlierer gab es am Sonntag noch mehr. Etwa Christoph Saßen, der für die Linke zwar beachtliche 11,8 Prozent einfuhr, aber auch nicht glücklich wirkte. War ihm doch klar, dass sein zweistelliges Ergebnis nur dank der niedrigen Wahlbeteiligung (31,95 Prozent) zustande gekommen war. Beim letzten Mal gaben noch 54,1 Prozent der Wahlberechtigten bei der Landratswahl ihre Stimme ab. Der Sieger Peter Ottmann bekam damals 13 000 Stimmen mehr als jetzt Andreas Coenen — kam aber nur auf 53 Prozent. Coenen holte jetzt 72 Prozent.

Das Interesse an der reinen Landratswahl war erschreckend gering. Nicht unschuldig daran waren SPD und Grüne, die keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hatten. Ihre Anhänger konnten am Sonntag also getrost zuhause bleiben — oder den Stimmzettel ungültig machen. Immerhin 3362 ungültige Stimmen gab es. Das sind zwar 547 weniger als vor sechs Jahren, doch damals gab es insgesamt auch 128 000 gültige Stimmen. Diesmal waren es nur 75 353 — bei 246 000 Wahlberechtigten.

SPD-Kreisvorsitzender Udo Schiefner hatte die Bedeutung der Landratswahl noch am Sonntag heruntergespielt: Man habe nur den „Behördenchef der Kreisverwaltung“ bestimmt, ließ er wissen. Gleichwohl kündigte er an, dass seine Partei 2020 einen Kandidaten stellen werde. Bis dahin möchten die Sozialdemokraten ihre Handschrift in die Kreispolitik einbringen. Schiefner verweist auf ein gemeinsames Arbeitspapier, das man mit der CDU verabschiedet hatte. Auch FDP und Grüne könnten sich hier noch einbringen.

Gerüchte, wonach die CDU der SPD eine Dezernatsleitung angeboten habe, will Schiefner weder bestätigen noch dementieren. Möglich könnte dies werden, falls der bisherige Sozial-Dezernent Ingo Schabrich, wie ebenfalls kolportiert, als Nachfolger von Wahlsieger Andreas Coenen Kreisdirektor werden sollte. Schabrichs Posten müsste dann neu besetzt werden. . .

CDU-Kreisvorsitzender Marcus Optendrenk hatte die Landratswahl am Sonntagabend schon abgehakt. Mehr als 72 Prozent für Andreas Coenen seien ein „schönes Fundament“, sagte er — und beschäftigte sich schon im nächsten Satz mit der bevorstehenden Stichwahl in Viersen. Dort müsse man jetzt die Wähler für den eigenen Kandidaten Paul Schrömbges mobilisieren. Denn der liegt bislang noch hinten.