11 Gründe, warum Karneval nicht für alle ein Spaß ist

Zwei WZ-Autoren, die nicht sooo viel für das närrische Treiben übrig haben, beschließen die Serie zur „Jecken 11“. Auch das muss mal sein, liebe Karnevalisten.

Foto: Gerten/dpa

Kempen. „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Das alte Lied von Jupp Schmitz mag für Jecke ja ein Trauergesang sein — für diejenigen, die dem tollen Treiben eher distanziert gegenüber stehen, ist es ein Freudenseufzer. Jaja, die Autoren dieser Zeilen können den meisten Dingen, die diese fünfte Jahreszeit ausmachen, wenig abgewinnen. Und haben deshalb elf davon zusammengetragen, um zu zeigen, warum sie froh sind, dass nun endlich Schluss ist mit lustig.

Wenn die Narren lautstark hinter geschlossenen Türen feiern — bitte, gerne. Man muss ja nicht mitmachen. Hingegen muss es nicht sein, dass schon morgens mehr als angeschickerte Jecke grölend durch die Straßen ziehen und einen ungefragt unterhaken und mitziehen wollen. Wenn dann auch noch leere Flaschen auf Fensterbänken deponiert werden oder gar einen der lustig Feiernden die Übelkeit packt und er gleich in den nächsten Hauseingang kotzt — Pfui Teufel!

Alles unter und hinter sich zu lassen, ist wirklich nicht die feine Art. Und wer einmal die Berge von Flaschen, Scherben, Plastikbechern, Mini-Fläschchen und Co. gesehen hat, die in der Kölner Innenstadt an wirklich jedem Morgen von Altweiber bis Veilchendienstag zusammengefegt werden, der wird laut ausrufen: „Nein, danke!“

Alles singt, lacht, grölt. Das ist halt Karneval. Auf der Straße kann man ihm nicht entkommen. Aber auch nicht bei der Arbeit. Da dröhnt es von morgens bis abends aus den Lautsprecherboxen vom nahen Festzelt herüber — oder auch mal aus dem Nachbarzimmer, wo ein ganz lieber Kollege WDR 4 eingeschaltet hat. Dort läuft ja meist das Kölner Liedgut rauf und runter, in dem sich die Kölner immer gerne erzählen, wie toll doch dä Dom, dä Rhing und Kölle, vor allem aber sie selbst so sind. Zwischendrin gibt’s zur Entspannung „Atemlos“. Schnappatmung.

WZ-Serie: Die jecke 11

Tätä, Tätä. Das war jetzt ein Witz, lachen und klatschen! Ohne Tusch, am besten nach jedem zweiten Satz, geht es bei so mancher Sitzung nicht. Warum nicht gleich Gelächter einblenden, wie im Fernsehen bei manchen Sitcoms aus den USA, damit der Zuschauer auch ja merkt, dass das Gesagte lustig war. Haha, Haha, Haha.

Stichwort Fernsehen: Spätestens ab Mitte Januar kann man dem närrischen Treiben auf allen Kanälen nicht mehr entkommen. Wer abends gemütlich im Sessel sitzt und sich ganz harmlos durch die Programme zappt, sieht sich plötzlich Auge in Auge mit „Mumbach, Mumbach täterä“. Oder befindet sich vor dem „Stockacher Narrengericht“. Alternativ gibt es „Jet zo lache“, „Alles unter einer Kappe“ aus Düsseldorf und Münster (brrrrr) — und natürlich den unverwüstlichen Gruselhöhepunkt des närrischen TV-Frohsinns: „Mainz bleibt Mainz.“ Also, meins nicht.

Die heiße Schlacht am kalten Büffet von Reinhard Mey ist legendär. Von den Kämpfen ums Essen beim All-Inclusive-Urlaub hat sicher auch schon jeder gehört. Weitaus schlimmer ist aber der Kampf um Kamelle bei den Karnevalszügen. Mit Plastiktüten und umgedrehten Regenschirmen lauern die Menschen am Straßenrand. Vor allem viele Erwachsene schubsen und drängeln gnadenlos, statt den Kleinen den Vortritt zu lassen. Ey, Pappnasen, das geht gar nicht!

Apropos Pappnasen: „Nein, ich will nicht dein Hofnarr sein, der auf Kommando Witzchen bringt“ — das singen BAP im Lied „Ens em vertraue“. Darin geht es unter anderem um Leute, die zum Lachen in den Keller gehen. Dort kommen sie aber pünktlich zu Altweiber wieder hervor, ziehen sich eine Pappnase über und glauben, sie würden sich damit vom Trauerkloß zur Spaßbacke verwandeln. Nach der Hoppeditz-Beerdigung wird der Spaßschalter dann wieder umgelegt — Lachfalten sind ab sofort nicht mehr zu finden. Schade, eigentlich.

Wer ausgerechnet am Karnevalssamstag geboren wurde, der feiert seinen Geburtstag logischerweise oft an den tollen Tagen. Am liebsten ganz in Ruhe ohne Karnevalsrummel mit einem Glas Wein und leckerer Pasta beim Lieblings-Italiener. Wenn dann aber die beste Ehefrau von allen beim falschen Italiener den Tisch reserviert und man sich am Ende zwischen Luftschlangen und Konfetti vor einer trockenen Pizza wiederfindet, vergeht einem schon mal der Appetit. Mahlzeit.

Als Zeitungsreporter ist man ja oft mittendrin im Frohsinn — muss selbst aber arbeiten. Alle anderen feiern. Das wird vor allem dann zum Trauma, wenn man an einem Abend als Berichterstatter drei oder vier Sitzungen hintereinander besucht, um dort jedes Mal dem gleichen Büttenredner zu begegnen und die gleichen lahmen Witze zu hören. Neiiiiin, nicht schon wieder.

Klar ist: Vor der Fastenzeit gibt’s was auf die Rippen. Vor allem in Form von Fettgebackenem. Mutzen und Mutzenmandeln werden von morgens bis abends verzehrt, als „Absacker“ gibt es dann noch mit Eierlikör gefüllte Berliner. Boah, mein Magen.

Zurück zum Anfang: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Magen, Leber und sogar die Ohren danken es den Jecken und anderen Menschen — denn nun beginnt endlich die Fastenzeit. Hurra, wir müssen keinen Alkohol mehr trinken, keine Kamelle mehr in den Keller bringen, müssen keinen Kuchen und keine Schokolade mehr verzehren. Sogar Fischers Helene gibt endlich Ruhe. Herrlich.