Seniorenheim Vom Geldinstitut in die Altenpflege
Oedt/Kempen · Bernd Spangenberg geht nach 30 Jahren im Altenzentrum Oedt in den Ruhestand, 27 Jahre davon hatte er die Leitung inne.
Eine Karriere bei einer Bank war dann nun doch nichts für den jungen Bernd Spangenberg aus Leverkusen. Auch wenn die ihm in seinem jetzigen Job eine Menge nutzt. Doch daran hat er nicht gedacht, nach der Lehre als Bankkaufmann. Er hat sich mehr an seine Zivildienstzeit erinnert, die er in einem Altenheim absolviert hatte. „Ich habe dort so viele Menschen getroffen, die in dem Beruf aufgegangen sind. Und auch mir hat die Arbeit im Pflegebereich sehr gut gefallen“, sagt Spangenberg. Und das tue sie noch – zumindest bis Ende des Jahres. Denn dann geht der Leiter des Oedter Altenzentrums in den Ruhestand. Im Januar wird er 60 Jahre alt. Ein Schnitt, zu dem er einen persönlichen Kassensturz gemacht hat und sagt: „Es reicht. Ich höre auf.“ Mit der WZ hat er auf die 30 Jahre in Oedt, 27 davon als Leiter der Einrichtung der Rheinischen Gesellschaft der Diakonie, zurückgeblickt.
Stelle des Heimleiter-Assistenten wurde ihm zugetraut
Bei der Gesellschaft hat er auch seine ersten Erfahrungen in der Ausbildung zum Altenpfleger gemacht. Da war Spangenberg 26 Jahre alt. Eine Dozentin in einem Fachseminar habe „ihn im Auge gehabt“ und ihm die Stelle eines Heimleiter-Assistenten zugetraut und empfohlen. „Diese Position gibt es heute nicht mehr. Sie war gut, um Erfahrungen zu sammeln“, erklärt Spangenberg. 1990 kam der Leverkusener dann nach Oedt, um zunächst einen Wohnbereich zu leiten. Geführt wurde das Altenzentrum damals von Margit Bölsing, die auch heute noch immer mal vorbeischauen kommt, wie ihr Nachfolger erzählt. 1990, das hieß 212 Bewohner und zum Teil Fünf-Bett-Zimmer. 2020 sind es 111 Bewohner in Einzelzimmern. Damals lag die Fachkraftquote bei unter 20 Prozent. Heute stehen ihm 60 Prozent zur Verfügung. 175 Mitarbeiter hat er. Nicht alle in Vollzeit. Aber viele sind Eigengewächse und wurden beziehungsweise werden in Oedt ausgebildet. Um zu bleiben, wenn alle Voraussetzungen gut sind. Das verbinde und schaffe ein entspanntes Arbeitsklima. Dazu gehöre auch eine seiner Lieblingsbeschäftigungen: Gespräche mit den Mitarbeitern. „Im Haus arbeiten fast nur Menschen, die ich eingestellt habe.“ Nicht so gerne dagegen tummelt er sich bei Tagungen. Auch wenn er dort die „vielen schönen Dinge“, die wir ein- und durchgeführt haben, vorstellen konnte. Unter anderem eine Aktion unter dem Titel „Im Meer der Ver-rücktheit“. Dabei sei es darum gegangen, sich mit Menschen mit Demenz auseinanderzusetzen. „Wir haben damals eng mit Erich Schützendorf zusammengearbeitet, einem Fachmann auf diesem Gebiet“, erinnert sich Spangenberg. Oder als ein Snoezelen-Raum eingerichtet wurde, der aus der Behindertenhilfe kam. Es waren so viele Projekte, sagt Spangenberg. Ein weiteres großes sei die Schaffung des Italienischen Marktes gewesen, einer Begegnungsstätte für Bewohner und Gäste von draußen. Gottesdienste, Feiern, Vereinstreffen, Mittagstisch für Menschen aus der Nachbarstadt, Konzerte, und, und, und. Die Liste ist lang, die der Leiter des Zentrums aufzählt. Und er wird traurig, wenn er daran denkt, was in diesem Jahr durch Corona alles nicht möglich war.
Eine Mammutaufgabe ist die Sanierung des Zentrums seit 2014. Das heißt unter anderem: neue Küche an einem anderen Ort, nach und nach Umbau der einzelnen Etagen, um Einzelzimmer zu bauen, neuer Eingangsbereich. Mit dem Abriss des ehemaligen Schwesternwohnheimes „Am alten Weiher“ soll die Sanierung im nächsten Jahr abgeschlossen sein. „Verspätet, aber immerhin“, so Spangenberg. Der zeitgleich auch noch in Süchteln das evangelische Altenzentrum Haus im Johannestal in Süchteln aufgebaut hat, das 2016 fertig gestellt werden konnte. Das Haus hat er dann auch bis 2017 geleitet. „Wir haben als erste Facheinrichtung für Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen im Kreis Viersen die Zulassung bekommen“, ist Spangenberg stolz. Doch die Sanierung habe ihn „so einige Körner gekostet“. „Lebensenergie“ dagegen habe er daraus gezogen, Verantwortung zu haben.
Und jetzt auch noch das Corona-Jahr. Das vieles auf den Kopf gestellt und neue Herausforderungen gebracht hat. Zu seinem Bedauern sind derzeit zwei Mitarbeiter und fünf Bewohner an Corona erkrankt. „Bei allem Unglück leben die Fünf aber in einem Pflegebereich zusammen“, sagt Spangenberg. Was eine Isolierung einfacher mache. Er bedauert aber auch, dass er durch die Pandemie keine Möglichkeit hat, sich herzlich und im größeren Kreis zu verabschieden.
Gespannt ist Bernd Spangenberg dann auf die ersten sechs Monate 2021. Denn er hat sich für diese Zeit Nichtstun verordnet. Seine Frau Sabine wird weiter als Pflegedienstleiterin in Süchteln arbeiten. „Wir haben uns in Oedt kennengelernt und wohnen in Kempen“, erklärt Spangenberg. Er geht aber davon aus, dass sein Enkel Felix, Sohn seines Sohnes Bastian, ihm die Zeit verkürzen wird, wie auch die beiden Mischlingshunde der Familie. Und dann, nach sechs Monaten, öffnet sich „vielleicht wieder eine Tür“, so der 59-Jährige. In Lohn und Brot möchte er dann aber nicht mehr gehen. Er denkt eher an eine ehrenamtliche Aufgabe, die ihn erfüllt.