Kempen Auf den Spuren jüdischer Geschichte in Kempen

Kempen. · Hans Kaiser lotst die Gruppen unter anderem zur Burg und zum Standort der ehemaligen Synagoge.

 Eine der Stationen auf dem Rundgang war der jüdische Friedhof.

Eine der Stationen auf dem Rundgang war der jüdische Friedhof.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

„Kempener Spezialitäten“ – so hat die Arbeiterwohlfahrt (Awo) die Stadtrundgänge genannt, die sie zu besonderen Themen veranstaltet. Die erste Tour führte im Oktober vergangenen Jahres durch „Kempen im Zeichen des Glaubens“. Sie begann an der Burg, leitete weiter über die Paterskirche und in die Propsteikirche und endete im Annenhof. Der zweite Rundgang brachte jetzt 38 Teilnehmer „Auf den Spuren der jüdischen Gemeinde“ durch die Stadt. Das Besondere an diesen Awo-Touren: Sie verbinden historische Informationen mit kulinarischen Einlagen, bieten Genuss für Augen, Ohren und Magen. Wobei ein bewährtes Quartett sich die Arbeit teilt: Awo-Vorsitzender Günter Gomon organisiert den Ablauf; Schriftführer Otto Schulze sucht als professioneller Koch die Speisen aus und bereitet sie zu; SPD-Ratsfrau Renate Schmitz spendiert Leckereien in der Burse, und der Historiker Hans Kaiser führt mit spannenden Erzählungen durch die historischen Stätten.

Los ging’s in der traditionsreichen Ausflugsgaststätte Schmitz-Gilsing, Oedter Straße 83. Besitzer Theo Schmitz hatte sie für diesen Rundgang noch einmal geöffnet. Den kulinarischen Auftakt zur Tour lieferte eine Kaffeetafel mit Mandelgebäck, Schnapsgutsel (jüdisches Gebäck), Honigkuchen und Rugelach – ein gefülltes Backwarenprodukt, das aus den jüdischen Gemeinden in Polen und Mitteleuropa stammt.

An der Burg gedachte die Gruppe des Pogroms aus dem Jahr 1288

Unter der Führung von Hans Kaiser und Ruth Baum, einer Zeitzeugin, deren Vater Max Mendel in Auschwitz ermordet wurde, folgte ein Gang über den jüdischen Friedhof – mit vielen Geschichten, die mit den Grabsteinen verbunden sind. An der Burg gedachte die Gesellschaft dann des ersten für Kempen überlieferten Pogroms im Jahre 1288. 16 jüdische Menschen, davon mehrere Kinder, fielen ihm zum Opfer, teilweise auf dem Scheiterhaufen. Ein Gang über die Alte Schulstraße, wo wahrscheinlich das erste Wohnquartier der Kempener Juden gelegen hat, und über die Judenstraße zeigte das Schicksal der Kempener Juden in Mittelalter und Neuzeit. Worauf man sich in der Burse bei einem Glas Tee mit Pomeranzen stärkte.

Das Finale des Rundgangs bildeten Erinnerungen an die Verfolgung der Kempener Juden im „Dritten Reich“. Kaiser hat die Vorgänge in seinen beiden Büchern über „Kempen unterm Hakenkreuz“ eingehend beschrieben. An der Stele vor der ehemaligen Synagoge an der Umstraße und vor dem Haus Vorster Straße 2, in dem bis 1940 die jüdischen Familien Bruch und Goldschmidt lebten, schilderte er ergreifende Schicksale. Mit jiddischen Liedern und Klezmer-Musik, vorgetragen von der Gruppe „bern­shteyn“, schloss der Abend im Awo-Treff am Spülwall ab. Dazu gab es einen zünftigen Eintopf mit Tscholent-Rindfleisch – und eine großzügige Spende der Teilnehmer für den Kempener Verein „Haus der Sonne“. Dafür hatten die Gruppe „bern­shteyn“ und Kaiser auf ihr Honorar verzichtet.

Der nächste Themen-Rundgang der Awo führt am 26. Oktober „Auf den Spuren der Evangelischen“ durch Kempen. Anmeldungen bei Günter Gomon unter Telefon 02152/9599349 oder per E-Mail an: hk