Kempen Bei Anruf neuer Stromvertrag

Ein Kempener wurde bei dubioser Telefonwerbung skeptisch. Verbraucherschützer kennen diese Masche.

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Kempen. Der Anrufer war hartnäckig. Das sah der Kempener an den vielen entgangenen Anrufen auf seinem Anrufbeantworter. Als der Mitarbeiter eines Callcenters ihn endlich am Telefon hatte und über Strompreise sprechen wollte, wurde der Kempener aber recht schnell skeptisch. Durch die EEG-Umlage ändere sich etwas bei den Strompreisen und er solle lieber schnell handeln. Keine Zeit verlieren. Am 1. Juli sei das Geld weg. „Da wurde schon Druck gemacht“, berichtet der Angerufene.

Als der Anrufer dann nach Daten wie Stromverbrauch, Zählernummer und Zählerstand fragte, wurde es dem Kempener doch zu bunt. Das Vorgehen erschien ihm dubios. Er machte sich bei den Stadtwerken Kempen schlau und informierte auch die WZ.

Den Stadtwerken Kempen und auch der Verbraucherzentrale NRW sind solche Werbeanrufe von Energieversorgern durchaus bekannt. Unverlangtes Werben am Telefon, Unterschieben von Verträgen oder eigenmächtige Vertragskündigungen ohne Vollmacht des Kunden — dies habe die Verbraucherzentrale NRW als Türöffner ausgemacht, um an Haustür und Telefon zum Abschluss neuer Energielieferverträge zu kommen, teilten die Verbraucherschützer in einer Pressemitteilung im April mit. Dazu wurden rund 1500 Anfragen über Maschen beim Direktvertrieb ausgewertet. Ein knappes Jahr lang hatten die Beratungsstellen akribisch Buch geführt, durch welche windigen Überrumpelungsmaschen Verbraucher in ungewollten Vertragsabschlüssen landen. Gegen vier Anbieter hat die Verbraucherzentrale NRW Klage eingereicht oder Klageauftrag erteilt.

Verbraucher schilderten, dass sich Unternehmen bei ihnen unaufgefordert am Telefon gemeldet und dann mit der Nachricht überrascht hatten, dass angesichts der anstehenden Gas- oder Strompreiserhöhung ein Anbieterwechsel Ersparnis bringe. Selbst wenn sich Verbraucher bei einem solchen Anruf nur damit einverstanden erklärt hatten, dass man ihnen Informationsmaterial zusendet, wurden gleich Vertragsbestätigungen nebst allgemeinen Geschäftsbedingungen und Widerrufsbelehrung zugeschickt. Damit wurde der Eindruck erweckt, dass bereits ein Vertrag zustande gekommen war.

Unverlangt dürfen die Firmen am Telefon nicht werben. Daher behaupten sie, dass die Verbraucher ihr Einverständnis dazu bei einem Gewinnspiel erklärt hätten. Woran sich Betroffene allerdings entweder nicht erinnerten oder dies bestritten. Auch an der Haustür gab es solche „Beratungen“.

Unter den Werbern an Haustür und Telefon waren sowohl Newcomer der Energiebranche, die im Markt Fuß fassen wollten, als auch etablierte Versorger. Mal wurde der Anbieterwechsel als unvermeidlich hingestellt, weil es bald nur noch Ökostrom gebe. Mal wurden fehlende Sprachkenntnisse ausgenutzt, um vermeintlich günstige Strompreise vorzugaukeln, die sich beim Vergleich dann jedoch als viel zu hoch herausstellten.

„Ich würde empfehlen, keinen Vertrag am Telefon abzuschließen. In diesem Moment kann man ja gar nicht vergleichen“, sagt Jürgen Schröder von der Verbraucherzentrale NRW auf Anfrage der WZ. Zwar gebe es immer eine Widerrufsfrist. Aber dann könnte das Prozedere von Abmeldung und Anbieterwechsel schon in Gang gesetzt worden sein und man hat den Ärger, das wieder rückgängig zu machen.

Wenn dem Stromanbieter Daten wie Zählerstand und -nummer vorliegen, kann er bereits die Kündigung beim alten Anbieter veranlassen. „Uns sind dann die Hände gebunden“, so die Stadtwerke Kempen auf WZ-Anfrage. Da müsste der Kunde selbst aktiv werden und den Vertrag innerhalb von 14 Tagen widerrufen.

Laut Verbraucherzentrale gibt es auch Fälle, in denen die Anrufer das Stichwort „Stadtwerke“ fallen lassen, um so zu suggerieren, sie kämen vom örtlichen Versorger. Anrufe dazu würde es von den Stadtwerken aber nicht geben, bekräftigt der Kempener Energieversorger, der zudem betont, dass man seit dem Jahr 2014 die gesetzlichen Erhöhungen an Bestandteilen des Strompreises nicht an die Kunden weitergegeben und die Preise stabil gehalten habe.