Kempener Burg Das Kreisarchiv in 28 000 Kartons

Kempen · Im Archiv der Kempener Burg sind die Vorbereitungen für den Umzug ins neue Kreisarchiv in Dülken in vollem Gang. 28.000 Kartons Archivgut, 1,4 Kilometer Material aus der Bibliothek sowie Urkunden, Pläne, Karten und Plakate ziehen um.

Kreisarchivar Michael Habersack ist zurzeit im Umzugsstress.

Foto: Norbert Prümen

Auf dem Kellerboden in der Kempener Burg sind noch die etwas rostigen Abdrücke zu sehen, wo einst Schränke gestanden haben. „Acht Schränke haben wir hier bereits ausgeräumt und abgebaut. Die Unterlagen befinden sich allesamt in den neuen Archivkartons, in denen wir sie auch transportieren werden“, sagt der Kreisarchivar Dr. Michael Habersack und lässt den Blick durch das Kellergewölbe wandern. Vor den meterdicken Wänden stehen weitere Schränke, und in der Mitte wölben sich die Regalböden unter der Last des Zeitungsarchivs. Die Vergangenheit ist in gebundener Form anzutreffen, wobei allerdings kein weiteres Papier hinzukommen wird, da seit Januar dieses Jahres in diesem Bereich nur noch digital gesammelt wird. Aber umziehen müssen diese Tonnen von Papier trotzdem.

Das Kreisarchiv, das sich seit 38 Jahren in der Burg befindet, zieht von Kempen nach Viersen-Dülken um, wo ein hochmoderner Archivneubau auf die gesamten Unterlagen aus der Burg wartet. Die Arbeiten für den im Mai geplanten Umzug laufen schon in vollen Zügen. Das Archivgut an sich ist bereits von den Kreisarchiv-Mitarbeitern zu einem großen Teil verpackt und etikettiert worden. So ist sichergestellt, dass die Zuordnung nicht verloren geht und Fehler vermieden werden.

Insgesamt 28 000 Kartons Archivgut, 1,4 Kilometer Bibliothek sowie weiteres Material in Form von Urkunden, Plänen, Karten und Plakaten müssen transportiert werden. Kein einfaches Unterfangen. Die Angebote von Umzugsunternehmen sind bereits eingeholt worden. „Das Problem ist: Die Burg hat keinen Aufzug. Es gibt nur einen wirklich sehr kleinen Lastenaufzug, der aber vorne und hinten offen und damit nicht sicher ist. Also kein geeignetes Transportmittel, um Akten aus dem Keller oder den oberen Etage zu holen. Das Umzugsunternehmen muss sich also etwas einfallen lassen“, sagt Habersack.

Wie schwierig gerade der Keller ist, zeigt sich einige Meter weiter. Dort heißt es „Kopf einziehen lohnt sich“. Kombiniert mit einem Achtung-Schild hängt der Warnhinweis über der steilen Treppe, die aus dem Gewölbekeller herausführt. Wer dem Warnhinweis nicht folgt, der macht unweigerlich Mauerkontakt. „Hier spiegelt sich ein zusätzliches Problem wider. Wir haben drei Zugänge zum Keller. Diesen, eine Wendeltreppe und einen Zugang, der im Burggraben endet. Im Keller befinden sich noch 26 Urkundenschränke. Grundsätzlich wäre ein Transport im Ganzen denkbar. Wegen der ungünstigen Wege aus dem Keller werden aber alle Urkunden ausgeräumt werden müssen“, sagt Habersack. Wobei es für die Urkunden eine neue, dem Stand der Technik entsprechende Verpackung gibt, die der Kreisarchivar als individuell angefertigte Etagenwohnung beschreibt. Es handelt sich um einzelne Tableaus, in denen die geschichtlichen wertvollen Urkunden geschützt gelagert und gleichzeitig in stilvoller Form präsentiert werden.

Software sorgt dafür,
dass nichts verloren geht

Im Foyer der Burg steht indes ein Teil der in edlem Grau samt Kreis-Prägung gehaltenen Archivkartons in den unterschiedlichen Größenformaten. Größen, auf die die Regale im neuen Kreisarchiv genau abgestimmt sind. Was jetzt aus alten Karteikästen in der Burg umgepackt wird, erhält seinen Platz in den funktionellen Archivkartons, die wiederum in den neuen Fahrregalwagen im Neubau einziehen werden. Leere Schubschränke im Erdgeschoss sind weitere Hinweise auf den schon begonnenen Umzug. Alte Holzschränke, in denen sich jetzt noch Plakate befinden, haben zukünftig ausgedient.

Die Plakate sind dabei schon alle in Mappen mit Signatur eingepackt. „Ich kann jetzt bereits genau sagen, wo sie im neuen Archiv ihren Platz finden werden“, sagt der Kreisarchivar. Auf den Fahrregallagern im Erdgeschoss der Burg kleben weiße Zettel mit Nummern. Ebenfalls dem Umzug geschuldet. Alles ist schon in einer speziellen Software eingearbeitet, sodass nichts verloren gehen kann. „Wir machen einen Sprung über Jahrhunderte. Von der Burg in den superfunktionalen modernen Neubau“, sagt der Kreisarchivar, während er durch die Burgräume geht. Beschriftete Umzugskartons mit Beständen, die noch nicht verzeichnet sind und bei denen es zu keiner Vermischung kommen darf, stehen in den oberen Etagen.

Bereits geleerte Regale sind zu sehen. Dann ein ganz besonderes Zimmer. Gelbe Fliesen an den Wänden, grau melierte auf dem Fußboden. „Das war unsere Quarantänestation für die mit Schimmel konterminierten Unterlagen“, sagt Habersack. Es handelt sich um das Bad in der einstigen Hausmeisterwohnung in der Burg. Die Unterlagen kamen in den Holzschrank zwischen Badewanne und Waschbecken, bis sie in der Restaurierungswerkstatt behandelt werden konnten. Auch dieser Wohnbereich, inklusive Bad, wurde für das Archiv genutzt. Blümchentapeten hinter den Regalen mit Aktenkartons muten etwas merkwürdig an, aber letztendlich ging es nur darum, jeden Zentimeter Raum in der Burg zu nutzen.

Aber nicht nur Dokumente treten den Umzug an. Die Werkstatt zieht ebenso um. Angefangen von der Pappschere in XXL-Größe über die Prägepresse und die Papierbohrmaschine bis hin zum Schnellschneider und den Trockengittern. Nur die mikrobielle Sicherheitswerkbank bleibt da. „Die hat passenderweise pünktlich zum Umzug den Geist aufgegeben. Wir haben bereits eine neue bestellt, die auch wesentlich leiser sein wird“, sagt Habersack.