Frühling im Schrebergarten Eine Gemeinschaft mitten im Grünen

Kempen · In den Schrebergärten des Kleingartenvereins Haushecke bereiten sich die Gärtner auf den Frühling vor. Zu Hause vorgezogene Pflanzen können bald in die Erde, wenn die Frostgefahr vorbei ist. Ende März werden die ersten Kartoffeln gesetzt.

Von Feldern umgeben sind die Schrebergärten des Kleingartenvereins Haushecke in Kempen.

Foto: Norbert Prümen

Zwischen dem Hagelkreuz und Ziegelheide liegen die Schrebergärten des Kleingartenvereins Haushecke – umgeben von Feldern und etwas abgeschieden von der Stadt. Hier finden die Kleingartenbesitzer Ruhe und Gelassenheit – und können entschleunigen. „Aber ein Kleingarten ist kein Selbstläufer“, betont Elke Prill. Sie ist Vorsitzende des Kleingartenvereins und besitzt selbst seit September 2019 hier einen Kleingarten: „Das ist mit viel Arbeit verbunden, die wir alle aber gerne machen.“

Über den Winter wurden einige Wartungsarbeiten erledigt, beispielsweise Geräte und Hütten repariert. Zu Hause auf der Fensterbank wurden Pflanzen vorgezogen, damit sie dann im eigenen Garten gedeihen können, sobald die Frostzeit vorbei ist. Die Beete wurden in der Zwischenzeit vorbereitet, sodass auf den Punkt genau gesät werden kann. Ende März werden die ersten Kartoffeln gesetzt, die dann genügend Zeit zum Keimen haben.

Der Anbau von Obst und Gemüse nimmt einen wichtigen Teil im Kleingartenleben ein. Schließlich muss ein Drittel der Fläche eines Kleingartens als Nutzfläche dienen, doch die Kleingärtner füllen dieses „Muss“ mit Leidenschaft. „Es macht großen Spaß, die Pflanzen zu ernten, die man selbst angepflanzt hat. Hier weiß ich, was an den Pflanzen dran war“, erklärt Matthias Jakuskins, der für die Öffentlichkeitsarbeit im Kleingartenverein zuständig ist.

Seinen Kleingarten bewirtschaftet er seit Februar 2019. Dafür benutzt er keine Chemie. Das Ergebnis: Schnecken und Insekten sind keine Seltenheit, aber das gehöre schließlich dazu, sagt Jakuskins. So lernten vor allem die Kinder, dass auch Insekten zur Natur gehören. Mit entsprechenden Apps im Smartphone können sie mittlerweile die Pflanzen scannen und sich so die Namen der Pflanzen merken. Nicht nur das: Wer spielerisch mit dem Anbau von Obst und Gemüse umgeht, versteht, wie Lebensmittel wachsen. „Ein Kleingarten ist kindgerechter als ein Reihenhaus“, erklärt Elke Prill – weshalb sie ihren Enkel gerne mit in die Schrebergärten nimmt.

Die Altersstruktur im Verein Haushecke ist bunt gemischt. Unter den Kleingärtnern sind viele Rentner, die regelmäßig ihren Garten pflegen, aber man findet auch junge Familien. Meist wohnen sie in der Nähe des Vereins am Hagelkreuz. Viele Pächter haben osteuropäische Wurzeln. „Das führt zu einem wunderbaren Austausch“, sagt Matthias Jakuskins. Im doppelten Sinne: Wenn die Früchte reif sind, werden sie geerntet und weiterverarbeitet. Daraus werden Gelees, Marmeladen und Säfte gemacht – nach den unterschiedlichsten Rezepten. Und dann werde getauscht, berichtet Jakuskins: „Eine Nachbarin von mir hat kasachische Tomaten angebaut, die unglaublich geschmeckt haben“, schwärmt er. Was nicht verschenkt oder mit Nachbarn getauscht werden kann, reicht er auch über die sozialen Medien und Kanäle weiter.

Natürlich helfe man sich auch gegenseitig, wenn Gerätschaft benötigt wird. Die Kleingärtner verbinde ein starkes Gemeinschaftsgefühl und große Hilfsbereitschaft. Es herrsche der Kodex einer gelebten Verbundenheit. Rohrbruch? Kein Problem! Alle Nachbarn packen mit an. Wenn ältere Menschen Hilfe beim Tragen bräuchten, sind die Jüngeren zur Stelle. Im Sommer werde abends oft gegrillt, gegenseitige Einladungen sind üblich. Die Hilfsbereitschaft mache sich auch über die Zäune der Gärten hinaus bemerkbar. Gerade habe man eine Spendenaktion für die Flüchtlinge aus der Ukraine organisiert. Kinderwagen und Kleidung stapeln sich schon im Vereinshaus und werden bei Bedarf verteilt. Umso trauriger sind die Themen Einbrüche und Vandalismus, mit denen der Kleingartenverein immer wieder zu kämpfen hat. Wegen Corona fanden in der jüngeren Vergangenheit keine größeren Veranstaltungen statt. Auch das 50-jährige Bestehen des Vereins wurde nur im kleinen Rahmen gefeiert. Das soll sich bald ändern. Für die Mitglieder soll eine Homepage erstellt werden, die eine unkomplizierte Kommunikation zwischen den Gärtnern ermöglicht. Stammtische und Treffen sind geplant. „Zum Verein gehören auch elf Schrebergärten auf der anderen Seite der Straelener Straße“, erklärt Matthias Jakuskins. Auch diese Verbindung soll verstärkt werden.

Es wird Frühling. Nach dem Winter wird das Wasser wieder angestellt. Strom gibt es zwar nicht, aber einige Lauben sind mit Solarzellen ausgestattet. „Plötzlich muss ich wieder auf die Wattzahlen meiner Geräte achten“, erklärt Matthias Jakuskins. Ein Lächeln huscht ihm übers Gesicht: „Ein Kleingarten ist für mich eine andere Welt.“