Interview mit Meike Finkenrath „Vorsorge hat dramatisch abgenommen“

Kempen · Die Hautärztin spricht über die Folgen der Pandemie für die Hautgesundheit, Botox-Behandlungen und Hautkrebs.

Meike Finkenrath ist Fachärztin für Dermatologie und leitet die Abteilung Venenchirurgie und Dermatologie am Hospital zum Heiligen Geist.

Foto: Axel Küppers

(akü) Frau Dr. Finkenrath, worauf dürfen sich die Gäste des Lese-Talks „Hautnah“ am 18. November freuen?

Meike Finkenrath: Beim Vortragen ausgesuchter Textpassagen durch eine bekannte Schauspielerin wird der eine oder andere Zuhörer bereits einen Aha-Effekt haben. Beispielsweise bei Begrifflichkeiten zum Thema Haut und Hauterkrankungen. Etwa die Frage: Warum ist reichhaltige Nachtpflege für die reife Haut ab 40 nicht immer gut? Oder warum heißt es Aus-der-Haut-Fahren oder dünnhäutig.

Nach zweieinhalb Jahren Pandemie liegt zunächst die Frage nahe: Hat Corona negativen Einfluss auf unsere Haut?

Finkenrath: Die Hautkrebsvorsorge hat während der Corona-Pandemie dramatisch abgenommen, wie Studien etwa aus Berlin zeigen. Das entspricht unseren Beobachtungen aus der Klinik: Wir erleben derzeit viele Patienten mit weitaus größeren und fortgeschritteneren Hauttumoren als in den Jahren vor der Pandemie. Dies verschlechtert natürlich die Heilungschancen der betroffenen Patienten enorm.

Kann man Krampfadern vorbeugen? Oder ist das genetisch bedingt?

Finkenrath: Leider ja, und zwar zu 90 Prozent. Hinzu kommt unsere heutige Lebensweise mit viel Sitzen und Stehen. So gibt es einen Merkspruch zur Kräftigung des oberflächlichen Venensystems: Stehen und Sitzen ist schlecht, Laufen und Liegen gut. In diesem Sinne veranstalte ich regelmäßig Venenwalking-Treffs und Venengymnastik-Übungen in meiner Abteilung im Hospital zum Heiligen Geist.

Was halten Sie von Botox?

Finkenrath: Auch hierzu gibt es eine Passage im Buch von Yael Adler. Dort heißt es: Falten berichten von Kummer und Freude, Narben von Verletzungen, starr gebotoxte Mimik von der Furcht vor dem
Altern. Zum Glück geht man heutzutage vom Trend
der 1990er-Jahre weg, dass ästhetische Behandlungen eine Faltenfreiheit garantieren sollen. Vielmehr ist man dazu übergegangen, zu einem frischeren gepflegten Äußeren beitragen zu wollen. Ein Trend, den ich persönlich sehr unterstütze.

Wird das Thema Hautkrebs im Klimawandel zunehmend kritischer?

Finkenrath: Bei der Entwicklung von Hautkrebs ist UV-Strahlung der größte Risikofaktor. In den Frühjahres- und Wintermonaten wurde gerade in den letzten Jahren eine erhöhte UV-Belastung festgestellt – Stichwort Ozonloch. Dies ist besonders gefährlich, da die Haut im Frühjahr noch nicht genügend pigmentiert ist, also keinen ausreichenden Eigenschutz hat. Das Ozon der Stratosphäre filtert die UVC-Strahlen vollständig und die UVB-Strahlen, die die wichtigste entartende Wirkung haben, zu 90 Prozent heraus.

Steht eine gesunde Bräune nicht für Attraktivität?

Finkenrath: Das mit der „gesunden Bräune“ ist ein zweischneidiges Schwert. Einen Einfluss auf die Entwicklung des Hautkrebs‘ hat das Verhalten – insbesondere die Bereitschaft, sich der Sonne auszusetzen. Wer braun werden will, reist gerne in äquatornahe Regionen, in denen die Sonnenbelastung noch größer ist.

Wie wichtig ist Sonnenschutz bei Kindern?

Finkenrath: Insbesondere die Sonnenbrände, die in der Kindheit erlitten werden, führen im späteren Alter zu dem gefährlichen schwarzen Hautkrebs, der schwer therapierbar ist und häufig tödlich verläuft. Hier hilft meines Erachtens nur die Aufklärung in der Bevölkerung: ausreichender Sonnenschutz, Kleidung, die Mittagssonne meiden. Im Zuge der Aufklärung habe ich vor den Sommerferien vor den Kempener Schülern über Hautkrebsprävention – im Klartext Schutz vor Sonnenbrand – gesprochen und gleich Sonnencremeproben verteilt.