Die Scheune: Märchen vom seidenen Faden
Im Textilmuseum drehen sich Lieder und Geschichten rund um den edlen Stoff und die Raupen, die ihn herstellen.
Hombergen. Wenn das Textilmuseum "Die Scheune" zur Märchenstunde ruft, dann kommen jedes Jahr in den Ferien Kinder und lauschen. Rund zwei Dutzend waren es, die am Samstagnachmittag zusammen mit Eltern oder Großeltern in das alte Fachwerkhaus an der Krickenbecker Allee gekommen waren.
Walter und Hildegard Tillmann führten in diesem Jahr durchs Programm. Unterstützung bekamen sie von Ronja Schreurs, deren Mutter Vera Schreurs sonst die Veranstaltung zusammen mit Ilse Jahnke-Lowis gestaltet.
Aber auch unter "neuer" Leitung gab es, wofür die Märchenstunde bekannt ist: spannende Geschichten und lustige Lieder. Diese drehten sich diesmal um ein ganz edles Stöffchen: die Seide.
Aufmerksam lauschten die Jungen und Mädchen auf den Holzbänken und -stühlen zwischen Stoffen, Webstühlen und Spinnrädern sitzend. Die Atmosphäre der Scheune zog die kleinen Zuhörer in ihren Bann. Und Walter Tillmann überraschte nicht nur die Kinder mit Geschichten über die Luxusfaser: "Ein Seidenfaden ist stärker als ein Eisendraht - wenn sie beide gleich dick sind."
Um das zu demonstrieren, kletterte der Gründer des Textilmuseums selbst über die Treppe zur Empore hinauf. Seine Frau erzählte die Geschichte eines Mannes, der mit Hilfe seiner Frau aus einem Gefängnisturm fliehen könnte. Zuerst brachte ein Käfer einen dünnen Seidenfaden nach oben zu dem "gefangenen" Tillmann. An diesem zog er eine Kordel hoch, an dem hing ein Seil und so weiter, bis am Ende dann ein dickes Tau oben angekommen sollte. "Das klappt doch nicht", flüsterte es aufgeregt von den Zuschauerbänken. Aber es klappte doch.
"Die Geschichte war toll", befand Veronika. Aber hätte Walter Tillmann nicht am Seil herunterklettern müssen? "Ja", nickte die Zehnjährige lachend. Der hat aber lieber den sicheren Weg über die Treppe genommen.
Beim Singen waren alle Besucher lautstark dabei. Der Refrain war auch schnell gelernt: "Die Seidenraupe Nimmersatt frisst immer nur vom Maulbeerblatt."
"Das Lied war schön", urteilte die fünfjährige Johanna aus Hinsbeck hinterher. Sie war mit ihrer Oma Sophia Erkens gekommen. Die zeigte sich begeistert von dem Angebot der Scheune für die Kleinen: "Ich versuche ihr schon immer, was von früher zu erzählen. Sonst kann man das ja nirgendwo mehr lernen."
Aber nicht nur stimmlich waren die jungen Besucher gefragt. Sie mussten sich auch selbst als Seidenspinner betätigen. Ein Korken musste so mit einem Faden eingewickelt werden, dass von diesem nichts mehr zu sehen war. Gar nicht so einfach. Schließlich mussten die Kanten oben und unten auch umwickelt werden. Dafür musste man das Bündel immer wieder in den Fingern drehen und aufpassen, dass es nicht entgleitet. Aber die Herausforderung reizte die jungen "Seidenspinner".
Nach dem Ende der Veranstaltung wollte kein Kind so recht gehen. "Mir hat einfach alles gefallen", resümiert die sechsjährige Annika, die noch kräftig weiter wickelte. Und auch Ronja Schreurs war begeistert von ihrer Märchenstunden-Premiere: "Ich freue mich einfach, wenn es den Kindern Spaß macht."