Abiturient aus St. Hubert Wenn die Abiprüfung „wie im falschen Film“ abläuft
St. Hubert · Die beste Zeit seines Lebens sollte es für Till Hinckers werden. Doch mit Corona fielen nicht nur Partys aus. Das Virus bringt auch die künftigen Pläne des 18-Jährigen durcheinander.
Zwölf Schuljahre, eine Unmenge an Klassenarbeiten, Referaten, Tests. Das hat Till Hinckers alles hinter sich und müsste übers ganze Gesicht strahlen, weil er sein Abiturzeugnis endlich in den Händen hält. Doch seine Freude ist getrübt. Denn das Coronavirus macht dem 18-Jährigen und seinen Freunden einen dicken Strich durch die Rechnung. „Ich kann mich noch gut an den Tag im März erinnern, als die Schulen geschlossen wurden, und dachte da schon, nicht dass es vielleicht erstmal der letzte Tag gewesen ist“, erzählt der Sankt-Huberter. So war es dann tatsächlich auch.
Mottowoche, Abistreich, Abiball – nichts davon hat es an seiner Schule, dem Luise-von-Duesberg-Gymnasium in Kempen, in diesem Jahr gegeben. In ganz Deutschland gab es lange einen sogenannten Lockdown – damit wurden Kontaktbeschränkungen erteilt, Schulen geschlossen, alle mussten plötzlich zu Hause lernen. Für Hinckers war das eine große Belastung. Denn lange war nicht klar, ob die Abiturklausuren überhaupt geschrieben werden: „Dieses Hin und Her, das war echt schlimm, im Nachhinein bin ich aber froh, dass wir schreiben konnten“, sagt Hinckers. Sich selbst zu motivieren – nicht einfach. Und dann Konferenzen mit Lehrern über soziale Netzwerke zu führen, war für den Schüler eine Herausforderung. Denn: „Ich habe hier zu Hause nicht das beste Internet, das war oft ein Problem“, sagt der 18-Jährige. Seine Klassenkameraden sah er nach zwei Monaten mit Masken und viel Abstand bei den Abiturklausuren in der Turnhalle der Schule wieder. „Das war so komisch, alles wie im falschen Film“, sagt Hinckers.
Die große Feier zum
Abitur fiel ins Wasser
Die Stufe mit 100 Personen hatte viel geplant und wollte das Abitur groß feiern. Doch selbst der Kontakt zu engen Freunden wurde lange Zeit eingeschränkt. „Am Aqua Sol fand dann die Zeugnis-Übergabe statt, eigentlich ganz cool“, erzählt Till Hinckers. Die Familien kamen mit Autos. Einzeln wurden die Abiturienten aufgerufen, sich an der Bühne ihr Zeugnis abzuholen: „Ohne Handschlag, ohne die Gesichter der anderen zu sehen, echt komisch“, sagt der junge Mann. Corona bringt einiges durcheinander.
So steht die Musterung von Till Hinckers noch aus, obwohl diese schon vor Monaten hätte stattfinden sollen. Bereits als Kind hatte der junge Mann den Traum, nach dem Schulabschluss zur Bundeswehr zu gehen. „Eigentlich wollte ich im Oktober loslegen, mich für neun Monate verpflichten“, sagt er. Wie, wann und ob überhaupt es für den Sankt Huberter beim Bund weitergeht, weiß er aktuell nicht. Auch für das anschließende Wirtschaftsstudium in Mannheim bleibt es vorerst bei der Kategorie „Wunsch“. Seine Urlaubsplanung läuft ebenfalls anders als geplant: „Wir hatten mit ein paar Freunden Mallorca gebucht, jetzt wären wir gerade da“, erzählt Hinckers enttäuscht. Doch statt auf Mallorca wird er nun ein paar Tage in den Niederlanden, in Scheveningen, verbringen.
Ein Praktikum in den Ferien? Er ist pessimistisch: „Große Unternehmen suchen gerade keine Praktikanten, deshalb werde ich wohl wieder in der Eisdiele jobben“, sagt der ehemalige Gymnasiast. Und besonders ärgerlich: Der 18-Jährige hat ein Interrail-Ticket gewonnen und bekam damit die Möglichkeit, mit Zug, Bus oder der Fähre 30 Tage durch Europa zu reisen. „Aber Corona ist überall“, sagt er. Auch das klappt nicht. Stattdessen wird er die meiste Zeit wohl eher in seinem Heimatdorf Sankt Hubert verbringen müssen und hoffen, dass wenigstens der Termin für die Musterung bald
ansteht.