Franz Müntefering: Ein bodenständiger Promi
Franz Müntefering war Vize-Kanzler und Minister. Zum Geburtstag der Sozialdemokraten kam der 73-Jährige ins Oedter Rathaus.
Oedt. Hoher Besuch ganz bodenständig: SPD-Größe Franz Müntefering war am Donnerstagabend zu Gast bei den Grefrather Sozialdemokraten aus Anlass des 140-jährigen Bestehens des Ortsvereins.
Im Saal des Oedter Rathauses hatten gerade die „Niers-Matrosen“ auf Wunsch des Ehrengastes den „Hamborger Veermaster“ angestimmt, da gesellte er sich dazu, legte den Arm um die Schultern eines Matrosen, nahm das Mikro und sang beherzt mit: „Blow, boys, blow, for Californio . . .“
Beim Talk auf dem roten Sofa plauderte Müntefering mit Grefraths SPD-Chef Roland Angenvoort entspannt über seine Kindheit im Sauerland, Kirmes, erste Liebe und Fußball. Die wichtige Rolle der neuen Medien respektiere er, arbeitet aber weiter mit zwei Schreibmaschinen.
Müntefering ließ die vergangene Jahrzehnte der Sozialdemokratie Revue passieren: „Man kann stolz darauf sein, dass die Sozialdemokratie viel bewegt hat.“ Die Deutsche Einheit wäre ohne Brandt, Schmidt und Wehner nicht möglich gewesen.
Die SPD habe sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie etwas bewegt habe. Zuletzt Gerhard Schröder. „In den 90er- Jahren war alles liegengeblieben“, so Müntefering zur „Agenda 2010“, die in der Partei so unbeliebt war.
Nicht wegtauchen und Sachen verschieben, wie es Merkel mache. Und die Zeit, in der etwas passieren müsse, sieht er kommen. Und das werde anstrengend. „Wir sollten nicht die Illusion haben: Weil wir Sozis sind, ist das alles ganz leicht.“
Herbert Wehner habe ihm einmal geraten, dass er aufpassen solle, nicht auszutrocknen. Später habe er verstanden, was gemeint war: „Wenn du nicht mehr den Willen hast, etwas zu verändern, hörst du besser auf.“
Wenn es danach geht, müsste Müntefering am 22. September erneut für den Bundestag kandidieren. Denn im Oedter Rathaus wurde deutlich, dass er noch einige Visionen hat. Zahlreiche Themen müsse man angehen: Pflegereform, Stärkung von Städten und Gemeinden, bessere Chance für junge Familien. Auch die Wichtigkeit der Kommunalpolitik betonte er.
Doch Müntefering hat andere Pläne. Der 73-Jährige möchte sich unter anderem beim Arbeiter-Samariter-Bund und beim Landessportbund engagieren. Zudem hat er beim Ausräumen seines Büros noch Notizen, zum Beispiel zu Koalitionsverhandlungen, gefunden.
Eine Biografie soll es nicht werden, „aber das ein oder andere werde ich wohl mal aufschreiben“.