Frauen buchen Altstadt-Zeitreise

Kunsthistorikerin Angela Klein-Kohlhaas aus Dülken erklärt, wie Frauen Kempen geprägt haben. Viel Nachfrage auf ein neues Angebot.

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Kempen. „Wissen sie, was das für ein Zeichen ist?“ Mit dieser Frage wendet sich Angela Klein-Kohlhaas an die 27 Personen, die in der Mitte der Schulstraße um sie herum stehen. 26 Frauen und ein Mann beäugen das merkwürdige Zeichen in der Fachwerkwand.

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Drei Backsteine stehen aufgerichtet da, wobei die beiden äußeren leicht angekippt sind. Darüber befindet sich ein quer eingesetzter Stein. Es schließt sich das untere Symbol spiegelverkehrt an. Kopfschütteln macht die Runde. „Das Zeichen eines damaligen Bauherrn“, vermutet jemand.

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Klein-Kohlhaas verneint und gibt die Lösung. Es handelt sich um einen Hexenbesen. Ein Schutzzeichen, das in das Haus aus dem Jahre 1600 eingearbeitet wurde, um Hexen fernzuhalten.

Damit ist die Kunsthistorikerin auch schon mitten im nächsten Thema. Es geht um Hexen, wobei in Kempen Aufzeichnungen vorliegen, die belegen, dass in der Thomasstadt Ende des 16. Jahrhundert zwei Frauen aufgrund der Anklage der Hexerei hingerichtet wurden. Katharina Hogh und Beel This fanden so den Tod.

Aber nicht nur diese Frauen stehen im Mittelpunkt einer ganz besonderen Tour durch Kempen. Die Kempener Gleichstellungsbeauftragte Ute Ripkens hat zu einer Premiere eingeladen. Zum ersten Mal ist die kulturhistorische Stadtführung „Frauen in Kempen“ an den Start gegangen.

Kempen hat nämlich nicht nur ein Frauenviertel mit Namen wie Maria-Basels- oder Minna-Meckel-Straße, sondern auch jede Menge Ecken, an denen Frauen eine wichtige Rolle gespielt haben. Das zeigt sich unter anderem an der Thomasstraße. Das Gebäude mit der großflächigen Wandmalerei beherbergte nämlich einst das Lyzeum.

In Sachen Schulbildung für Mädchen in Kempen hatten Frauen die Nase vorn. Schwester Hilaria, mit bürgerlichem Name Luise von Duesberg, errichtete in Kempen eine höhere Töchterschule. Unter ihrer Leitung unterrichteten Ordensschwestern nicht nur dort, sondern auch in der von ihnen eingerichteten Abendschule und in der staatlichen Elementarschule, um sozial schwachen Kinder ebenso eine Teilhabe an Bildung zu ermöglichen.

Nicht minder im Einsatz war Schwester Maria Beatrix, Vorsteherin der höheren Mädchenschule. Frauen in der Lokalpolitik, im Nationalsozialismus und im Gesundheitswesen. Kempen hat zahlreiche weibliche Persönlichkeiten, die geschichtlich in Erscheinung treten, wie der Abend zeigt.

Klein-Kohlhaas lässt bei ihrem Rundgang Geschichte lebendig werden. Sie informiert nicht nur über die Frauen in Kempen, sondern zeichnet ein Bild der jeweiligen Zeit, in das sie Kempen und seine Frauen hineinbettet. Es ist eine informative und unterhaltsame Zeitreise weit über den Rahmen von Kempen hinaus, die die Teilnehmer sichtlich begeistert.

Die Idee eine kulturhistorische Stadtführung mit dem Schwerpunkt Frauen zu machen, hatte Ripkens dabei schon seit längerem. „Aber mir fehlte dafür eine kompetente Stadtführerin“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte.

Dann entstand der Kontakt zu Klein-Kohlhaas — und die Idee konnte in die Realität umgesetzt werden. Wobei beide Frauen nicht mit einer solch starken Nachfrage gerechnet hatten. Es kam sogar zu einer Warteliste. Fest steht jetzt schon, es wird eine Folgeveranstaltung geben, bei der zunächst einmal die Warteliste abgearbeitet wird.

Ute Ripkens wird die Personen auf der Warteliste vorab über die nächste Führung informieren, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, bei Führung Nummer zwei dabei zu sein. Der Termin steht aber noch nicht fest.