Gänsehaut pur im Maracanã

Die WM-Fahrer vom Niederrhein erinnern sich an ihr Abenteuer. Dazu gehört auch ein tödlicher Unfall.

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Kempen. Der Schock ereilte die WM-Fahrer aus Kempen, Grefrath, Kerken und Straelen schon nach dem zweiten deutschen Spiel in Brasilien: Einer der Reisenden, Georg Welzel aus Kerken, ertrank in den Fluten des atlantischen Ozeans. „Ein tragischer Badeunfall vor der Küste von Salvador. Das war für uns alle unfassbar“, erzählt Jürgen Claßen knapp fünf Wochen nach diesem schlimmen Ereignis.

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Von jetzt auf gleich sei alles anders gewesen. Nach einigen Tagen vor Ort trafen die Fans dann jeweils persönliche Entscheidungen: Drei von ihnen, die engsten Freunde des Verstorbenen, reisten ab. Die Kempener Bernd und Jan Lommetz sowie Rainer Eberharter und der Grefrather Jürgen Claßen entschlossen sich, das Abenteuer WM fortzusetzen. „Wir haben mit unseren Familien zu Hause gesprochen. Sie haben uns ermutigt, in Brasilien zu bleiben. Dann reifte der Entschluss immer mehr“, so Claßen.

Aus fußballerischer Sicht war es in jedem Fall die richtige Entscheidung: Denn so konnten die Fans beim großen Triumph der deutschen Elf dabei sein. „Also, über einen Titelgewinn im legendären Maracanã in Rio geht nichts drüber. Und wir waren live dabei“, berichtet Claßen. Schon die Stunden vor dem Finale gegen Argentinien seien einmalig gewesen. Zunächst gab es eine Party an der Copacabana mit 4000 deutschen Fans. „Und dann der gemeinsame Weg zum Stadion — einfach toll“, sagt der Grefrather.

Für Gänsehaut habe die deutsche Nationalhymne im Stadion gesorgt. „Da spürt man, dass ’was Großes passiert“, so Claßen. Und als Mario Götze dann in der 113. Minute das Tor zum vierten deutschen Titel schoss, kannte der Jubel keine Grenzen. „Da waren wir froh, dass das Tor endlich gefallen war. Allerdings haben wir immer an den Sieg geglaubt. Zur Not auch im Elfmeterschießen, weil Manuel Neuer einfach so gut drauf war.“

Die Atmosphäre während der gesamten WM beschreibt der Obmann des SV Grefrath als „absolut friedlich“. „Die Brasilianer waren tolle Gastgeber. Und super sportlich.“ Dies habe sich vor allem bei und nach dem 7:1-Triumph der Deutschen im Halbfinale gezeigt. „Die Anerkennung für Deutschland war groß. Keine Spur von Gewalt oder Hass.“ Beim Thema Sicherheit habe es für die WM-Touristen vom Niederrhein generell keine Probleme gegeben. Jürgen Claßen: „Während der ganzen Zeit haben wir keinen Zwischenfall erlebt.“

Zum legendären Abschluss in Rio de Janeiro kehrten dann zwei der drei Abgereisten zurück zur WM: Uli Claßen und Achim Heinrich. Sie hatten die Familie des Verstorbenen in der Heimat unterstützt. Zum Finale trafen sie die Entscheidung, noch einmal nach Brasilien zu fliegen. „So hatten wir doch einen gemeinsamen Abschluss in Rio“, erzählt Jürgen Claßen. „Ich denke, so war es auch im Sinne von Georg Welzel.“