Kempen Geschickte Hände flicken Fahrräder

In der Werkstatt hinter der Heilig- Geist-Kapelle werden Räder für Flüchtlinge wieder flott gemacht.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Es ist warm im Keller des Hauses am Buttermarkt 4 — hinter der Heilig-Geist-Kapelle. Gerhard Franck steht der Schweiß schon auf der Stirn. Mit einem Lappen wischt er sich die mit Öl verschmierten Finger sauber. Der Professor im Ruhestand, der früher Studenten der Hochschule Niederrhein in Maschinenbau unterrichtet hat, ist hier sehr gefragt. An einem Fahrrad ist eine Bremse defekt — und Franck hilft dabei, diese wieder funktionstüchtig zu machen. Mehr als ein Dutzend Menschen tummeln sich in den kleinen Räumen und schrauben an ihren Rädern herum.

Mittwoch- und Samstagnachmittag von 14 bis 16 Uhr ist die Fahrradwerkstatt geöffnet, in der Flüchtlinge vorbeikommen, ein gebrauchtes Fahrrad erwerben oder einen defekten Drahtesel reparieren können — und die Nachfrage ist sehr groß.

Hilfe zur Selbsthilfe ist das Motto. „Ich versuche auch beizubringen, wie die Teile am Fahrrad heißen“, sagt Gerhard Franck. Während er noch im ersten Raum beschäftigt ist, schaut im Raum nebenan ein kleines Mädchen auf den Platten an seinem roten Kinderfahrrad. Fachmännisch dreht Ahmat es um und hat das defekte Hinterrad mit Hilfe eines passenden Maulschlüssels schnell abmontiert. Der 25-jährige Syrer hat erst in Deutschland das Fahrradfahren gelernt. Aus seiner Heimat kennt er das nicht. So musste er natürlich auch erst einmal lernen, wie man so ein Gefährt repariert. Jetzt mache es ihm aber Spaß, versichert der gelernte Textildesigner. Sein Mitbewohner am Buttermarkt 4, Khalim (32) ist gelernter Schweißer. Er kannte sich schon vorher mit Fahrradreparaturen aus und hilft nun den anderen. Dass das nicht immer einfach ist, weiß Ahmat. „Ich spreche Arabisch, Türkisch, Englisch und Kurdisch“, sagt er — und auch Deutsch spricht er schon recht gut. Aber manchmal sei die Verständigung dennoch schwierig. „Aber wir versuchen, allen zu helfen.“

„Mobilität ist wichtig“, sagt Franz Steier, der die Werkstatt vor einem guten Jahr mit ins Leben gerufen hat. Das kann Ahmat nur bestätigten. Mit seinem Rad fährt er zum Fußballspielen ins Sportzentrum an der Berliner Allee, zum Einkaufen oder unternimmt Touren bis nach Krefeld.

Zunächst wurden die Räder in der Fahrradwerkstatt kostenlos ausgegeben. „Aber wir haben festgestellt, dass besser auf die Räder aufgepasst wird, wenn dafür eine Schutzgebühr gezahlt werden muss“, sagt Franz Steier. Je nach Zustand des Rades werden zwischen zehn und 50 Euro fällig. Dazu gibt es dann einen Fahrradpass und eine kleine Einweisung in die deutschen Verkehrsregeln. In fünf Sprachen gibt es den Flyer, der Grundlagen zu Verkehrsschildern, Ampeln, Radwegen und Co. gibt.

Mit Blick auf die neuen Zuweisungen von Flüchtlingen, die in naher Zukunft nach Kempen kommen werden, suchen die Ehrenamtler weitere Fahrräder. Das Lager ist fast leer. „Wir würden uns freuen, wenn wir gut erhaltene Räder gespendet bekämen“, sagt Franck. Denn teilweise müsse man schon viel Arbeit reinstecken, um die alten Schätzchen wieder verkehrssicher zu machen. Für ein gutes, gespendetes Fahrrad könnte man dann auch eine Sachspendenquittung bekommen, die man bei der Steuererklärung geltend machen kann. Abgeben kann man seine Spende zu den Öffnungszeiten der Werkstatt. Auch ehrenamtliche Helfer mit handwerklichem Geschick sind dort willkommen.