Gitarrenrock — befreiend, frech und gekonnt
„Goodnight Johnboy“ begeisterten mit eigenen Songs und einem Sound mit rauer Patina.
Kempen. Es waren die nicht zu kurzen, fast schon sphärischen Klänge wie von weit her, die dem Konzert der Band „Goodnight Johnboy“ am Samstagabend im Stradivari ihren klangvollen Stempel aufdrückten. Das Quintett in klassischer Besetzung mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Gesang setzt auf eigene Songs, was Fluch und Segen zugleich ist: „Das Problem der eigenen Musik verfolgt uns“, sagt Bassist Holger Lembken.
Damit meint er die Schwierigkeit, ohne Coversongs Auftritte zu ergattern. Der ebenfalls innewohnende Segen ist im Sound begründet: „Goodnight Johnboy“ spielen melodischen, erwachsenen Gitarrenrock mit rauer Patina.
So rauscht „Silence“ geheimnisvoll und mit gepflegter Basslast heran, überzeugt durch klare Linien und herben Charme. Dieser reißt bei „Strong“ nicht ab — dort reißt die Stimme der zierlichen Sängerin Barbara Brüggemann erstmals dynamisch aus. Die Frontfrau lässt alsbald bei „Keep moving“ passend zum Titel ihre Stimme von der Leine — dompteurgleich bändigt sie ihre raubtierstarke Rockröhre, die nur mit Mühe ruhig gehalten werden kann.
Im zweiten Set dann schaltet Brüggemann in den höchsten Gang, stimmt rassige Raserei mit geölten Stimmbändern an. Der Rock von „Goodnight Johnboy“ ist im besten Sinne klassisch mit genügend Platz für Soli, ordentliche Riffs und viel Weite im Sound.
Ein Beispiel: Das Stück „World“ wird getragen von sphärischem Weltall-Hall, hier sucht die Gitarre — und nicht das Publikum — das Weite. Schellenkranz und Power-Akkorde bilden die Grundlage für solides Saiten-Handwerk, das auch mal zwicken, kneifen und rumoren darf. Eigenwillig ist das, aber auch befreiend, frech und vor allem gekonnt.
Ebenso das Spiel mit den Effektgeräten: Willkommen in der 1970ern. Am Ende dann satter Applaus, zufriedene Gesichter. Gute Nacht, Johnboy!