Glosse: Unterkühlte Stimmung im Viersener Kreishaus

Von einer coolen Überraschung des Landrats.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Der Landrat hatte Mitte der vergangenen Woche eine gute Idee. „Ja und? Ist das jetzt etwa eine Nachricht?“, werden einige denken. „Es gehört doch wohl zum Kern des Landrats-Jobs, Ideen für den Kreis Viersen zu entwickeln.“ Andreas Coenens jüngster Einfall war aber ein besonderer. Auf dem vorläufigen Höhepunkt der Hitzeperiode — am Donnerstag — sollte es für die Mitarbeiter der Kreisverwaltung ein leckeres und abkühlendes Eis geben. Eine entsprechende Einladung sei an alle etwa 1000 Beamten und Angestellten des Kreises versandt worden, wie die Pressestelle bestätigte. Eine Aktion, um allen für den Einsatz in der Hitze zu danken.

Um an die köstliche Abkühlung zu gelangen, mussten die Damen und Herren nur ihren sogenannten digitalen Schlüssel zum Kreishaus in einer Eisdiele vorzeigen, die sich unweit der zentralen Verwaltungsstelle befindet.

So weit, so gut. Oder eben doch nicht so gut. Denn während die Aktion bei den Bediensteten im Kreishaus richtig gut ankam, machte sich in anderen Teilen der Belegschaft gleich nach Erhalt der frohen Botschaft Unmut breit. Und zwar deshalb, weil es nun mal einige Mitarbeiter gibt, die gar nicht im Viersener Kreishaus ihren Dienst tun — und die offenbar gar nicht über den digitalen Zugang zum zentralen Verwaltungssitz verfügen.

Dabei geht’s unter anderem um Mitarbeiter des Jugendamtes, die kreisweit ihre Büros haben. Und da wären noch die VHS und das Kreis-Archiv, das — immer noch — in der Kempener Burg ist. Nicht zu vergessen die vielen Mitarbeiter des Bauhofes, die sich in erster Linie mit dem winterlichen Eis auskennen, aber auch dem sommerlichen nicht abgeneigt sind. All’ diese Kollegen arbeiten an Standorten, von denen aus man nicht mal eben zur Mittagspause in Viersens Stadtmitte ist. Und ein Überstundenabbau oder sogar ein halber Urlaubstag, um ein Landrats-Eis zu essen, ist sicher nicht im Sinne des Erfinders. Deshalb stieß die eisige Offerte einigen sauer auf.

Durch eine Anfrage der WZ-Redaktion landete das Grollen in Teilen des Personals zunächst in der Pressestelle und dann im Landratsbüro. Kurze Zeit später folgte die Botschaft, dass der oberste Dienstherr verstanden hat: „Dr. Coenen lädt jeden Mitarbeiter, der keine Kenntnis davon hatte, persönlich zu einem Eis ein.“ Die betroffenen Beamten und Angestellten könnten sich melden und erhielten bald eine eisige Überraschung. Das ist doch mal eine coole Reaktion in hitzigen Zeiten.