Kirchen-Kabarett in Grefrath War Jesus eigentlich ein Kabarettist?
Grefrath · Auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde war Markus von Hagen zu Gast in der Versöhnungskirche in Oedt. Seine These: Jesus Christus war ein Kabarettist.
(tg) Jesus Christus war ein Kabarettist – mit dieser tollkühnen These tourt Markus von Hagen seit 15 Jahren durch die Lande. Am Dienstagabend war der gebürtige Franke auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde Grefrath zu Gast in der Oedter Versöhnungskirche. Entsprechend seiner Überzeugung, dass „Religion ein viel zu wichtiges Thema ist, um es im Kabarett den Atheisten zu überlassen“, ermutigte der bekennende Katholik von Hagen seine Zuhörer zu einem ungewohnten Blick auf ihren Glauben: Worum ging es Jesus wirklich? Was war er eigentlich für ein Mensch?
Der Grundgedanke des zweistündigen, frei vorgetragenen Programms: Jesus lässt sich – nicht nur, aber auch – als Kabarettist begreifen. Er sei, so von Hagen, schlagfertig und provozierend gewesen, habe verletzt und sich verletzlich gemacht und ein grundsätzliches Plädoyer für Menschlichkeit abgegeben. Er habe die Mangelhaftigkeit der Welt erkannt und doch an sie geglaubt. Nie habe er Humor auf Kosten anderer gemacht, sondern um beim Publikum einen Lerneffekt zu bewirken. Ziel seines Spotts seien nicht die Schwachen gewesen, sondern die, die sich für besonders fromm hielten. Die Jünger, sein „Begleitpersonal“, habe er sich gerade aufgrund ihrer Unzulänglichkeit ausgesucht. Er habe „Events mit Tausenden in der Wüste“ ausgerichtet, sei aber auch „vor zwei oder drei Personen“ aufgetreten. Sein einziges Manko: fehlendes Organisationstalent. So hätten einmal nachträglich Brot und Fische fürs Publikum herbeigezaubert werden müssen. Wie es besser geht, zeigte der Künstler, indem er in der Pause Selbstgebackenes verteilte.
Das Neue Testament geriet in von Hagens Blick zu einem nachträglich redigierten „Best-of-Textbook“, das die improvisierten Einlagen eines jüdischen Wanderpredigers zwangsläufig nur ungenügend wiedergibt. Die spätere Erhebung des Christentums zur Staatsreligion stellte sich in dieser Sichtweise als Widersinn dar, da Jesus wie alle guten Kabarettisten stets subversiv den Mächtigen gegenüber war. Überhaupt spricht laut von Hagen einiges dafür, dass Jesus ein ganz anderer Mensch war, als man es sich für gewöhnlich vorstellt: kein strenger Asket, sondern ein Lebemann, der gutes Essen und Trinken schätzte (siehe Hochzeit zu Kanaan) und Umgang auch mit den zwielichtigsten Frauen pflegte. Grund für von Hagen, auch zum leidigen Thema Kirche und Sexualität seinen Senf dazuzugeben.
Von Hagen brillierte durch seinen klugen Witz und die kenntnisreiche Bezugnahme auf vielfältige Gegenstände aus Theologie und Geschichte. Ein wohltuender Ansatz, der mehr jüngere Zuhörer verdient gehabt hätte. Aber wie sagte von Hagen, frei nach Martin Buber: „Erfolg ist keiner der Namen Gottes.“