Neue Ausstellung im Niederrheinischen Freilichtmuseum Von Abschied, Tod und Trauer

Grefrath · In der Dorenburg ist zu sehen, wie man früher mit Tod und Trauer umging – und wie es heute ist.

Museumsleiterin Anke Petrat und Kreiskulturdezernent Ingo Schabrich vor den Laternen, die einst an der Trauerkutsche angebracht waren. Im Hintergrund die Kleidung eines Sargträgers.

Foto: Norbert Prümen

Was würde ich mitnehmen auf meine letzte Reise? Diese Frage haben sich viele Menschen gestellt, die im Rahmen des Kunstprojektes „Ein Koffer für die letzte Reise“ aufgefordert wurden, sich auf die Endlichkeit des Lebens zu besinnen und zu überlegen, was für sie ganz persönlich besonders wichtig ist. Insgesamt packten 100 Menschen einen Koffer, der sie auf der Reise aus diesem Leben begleiten könnte. Aus den Koffern entstanden ist eine Wanderausstellung, die in den vergangenen Jahren schon in vielen Städten in Deutschland ausgestellt wurde. Fünf dieser Koffer sind nun auch im Niederrheinischen Freilichtmuseum des Kreises Viersen in Grefrath zu sehen.

Die neue Sonderausstellung „Leben mit dem Tod“ in der historischen Dorenburg im Herzen des Freilichtmuseums stellt Abschied, Tod und Trauer in den Mittelpunkt. Zu sehen ist, wie die Menschen am Niederrhein in früheren Zeiten mit Tod und Trauer umgingen, wie man die Verstorbenen bestattete, mit der letzten Ölung versah, ihnen schon mit der Aussteuer ein Totenhemd mitgab. Wie man die Toten daheim aufbahrte, so dass alle Abschied nehmen konnten, und Totenbretter vor die Tür stellte, damit jeder Vorbeigehende wusste: Dies ist ein Trauerhaus. Wie man den Sarg mit der schwarzen Kutsche zum Friedhof brachte, sich danach zum Leichenschmaus zusammensetzte, bei dem ein Stück Streuselkuchen nicht fehlen durfte.

Viele Ausstellungsstücke dazu hat die Museumsleiterin und Kuratorin der Ausstellung, Anke Petrat, zusammengetragen. Die Exponate stammen teilweise aus dem Depot des Freilichtmuseums selbst, wie beispielsweise die vier Laternen, die einst an der schwarzen Kutsche hingen, aber auch aus anderen Museen, wie etwa die reich geschmückten Haarbilder, die man im 19. und 20. Jahrhundert aus den Haaren Verstorbener anfertigte. Da sind Friedhofskreuze, Versehgarnituren mit Sterbekreuzen, Totenhemden, die schwarze Bluse, die als festliches Stück häufig zu Beerdigungen getragen wurde, Andachtsbildchen und Ablassgebete, ein Testament aus dem 15. Jahrhundert aus Kempen, Erinnerungsstücke an die Sterbekasse „Heimatbund der alten Dülkener“, Totenzettel und Beileidskarten. Insgesamt steuerten über 50 Leihgeber, Institutionen wie Museen, aber auch Privatleute Exponate für die neue Ausstellung bei.

Denn Petrat beließ es nicht dabei, einen Blick ins Gestern zu werfen: Die Ausstellung beleuchtet rund 300 Jahre Bestattungskultur am Niederrhein, und zwar bis heute. Entsprechend ist auch zu sehen, wie sich die Bestattungskultur gewandelt hat, welche Rituale es damals gab und welche es heute gibt. Und dass sich vieles gar nicht so sehr verändert hat, wie man vielleicht glauben mag. „Das Äußere ändert sich, aber nicht das Innere“, sagt Petrat: „Der Schmerz ist immer da.“

Früher wurde der Leichnam des Verstorbenen drei Tage zu Hause aufgebahrt, bevor es zur Bestattung ging.

Foto: Norbert Prümen

Einen Diamanten aus der Asche des Verstorbenen anfertigen

Wurden die Verstorbenen früher zu Hause aufgebahrt, werden sie es heute im Bestattungsinstitut. Wurde früher zum Leichenschmaus auf dem Hof eingeladen, geht man heute ins Café. Wurden früher Haarbilder aus den Haaren der Verstorbenen geflochten, kann man heute aus der Asche des Verstorbenen einen Diamanten anfertigen lassen, um ihn doch immer noch bei sich zu tragen. Und der Trend geht zwar weg von der Erdbestattung hin zur Urne, doch so ganz neu ist das nicht: Urnen und Grabbeigaben aus römisch-fränkischer Zeit, darunter unter anderem eine Gesichtsurne, die in Viersen-Oberrahser gefunden wurde, erinnern daran, dass auch in früherer Zeit Tote kremiert wurden.

Die Totenbretter zur Ausstellung stellte der Heimatverein St. Hubert zur Verfügung.

Foto: Birgitta Ronge

„Es gibt ein Bedürfnis nach Ritualen im Umgang mit dem Tod“, sagt Kreisdirektor und Kreiskulturdezernent Ingo Schabrich. Jeder habe seine eigenen Erfahrungen, jeder könne Geschichten dazu erzählen, „es gibt kein zentraleres Thema als den Umgang mit dem Tod.“ Insofern freue er sich, dass das Freilichtmuseum das Thema aufgegriffen habe.

Die Versehlaterne rechts stammt aus der Kirche St. Remigius in Viersen.

Foto: Birgitta Ronge

Die Ausstellung wird im Rahmen einer regionalen Ausstellungsreihe des Museumsnetzwerks Rhein-Maas gezeigt, der Titel lautet diesmal „Erdung-aarding“. Als sie den Titel, „Erdung“, gehört habe, habe sie sofort an „Beerdigung“ gedacht, sagt Museumsleiterin Petrat, und sich an die Arbeit gemacht. Sie sagt auch: „Ich habe noch nie eine Ausstellung gemacht zu einem Thema, das alle betrifft. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod wird oft weggeschoben.“

Was die Ausstellung auch zeigt: wie stark die Bestattungsindustrie auf die individuellen Bedürfnisse reagiert, wie wichtig vielen Menschen auch die Nachhaltigkeit geworden ist, etwa wenn sie einen gut-biologisch abbaubaren Sarg wählen oder sich für eine Waldbestattung entscheiden. „Es ist sehr viel möglich“, sagt Petrat, „aber viele scheuen sich, die Frage zu beantworten, wie sie sich von dieser Welt verabschieden wollen.“

Auch in römisch-fränkischer Zeit wurden Verstorbene kremiert, hier eine Gesichtsurne aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr., gefunden in Viersen-Oberrahser.

Foto: Birgitta Ronge

Was bleibt? Da sind Gegenstände, die Privatleute zur Verfügung stellen, weil diese Dinge sie ganz besonders an einen lieben Verstorbenen erinnern.

Da sind Stofftiere, „Trostifanten“, die aus der Kleidung eines Verstorbenen genäht wurden und so an ihn erinnern sollen. Aber auch ein Täfelchen, auf dem steht: „Und Tschüß.“