Grefraths Haushalt schwankt massiv
Der Kämmerer hat den Etatentwurf für 2018 mit einem dicken Minus vorgestellt. Nun muss in Grefrath wieder einmal gespart werden.
Grefrath. Wieder steht die Gemeinde Grefrath vor einem großen Finanzloch. Nach einem Plus im Jahr 2016 und einem geplanten Plus für 2017 rückte das Ende des Haushaltssicherungskonzeptes in greifbare Nähe. Nun kommt aber wieder ein Rückschlag. Wie kann das trotz der vielen Sparbemühungen passieren?
Schon vor gut einem Jahr sagte Kämmerer Wolfgang Rive, dass solche Haushaltsplanungen immer mit vielen Fragezeichen versehen sind. In Grefrath sind die Schwankungen besonders massiv. Das lag in der Vergangenheit vor allem an großen Gewerbesteuerzahlern, wie Unternehmen der Textilindustrie und Automobilzulieferer. Hakt es bei einer solchen Firma, hat das gleich massive Auswirkungen auf den Haushalt einer kleinen Gemeinde. Zuletzt hat sich das im November 2015 gezeigt. Die Gemeinde musste 3,1 Millionen Euro an Gewerbesteuer plus 1,5 Millionen Euro Zinsen an Firma Johnson Controls zahlen. Das hatte zeitversetzt aber auch einen guten Effekt für die Gemeindekasse. Denn dann steigen die sogenannten Schlüsselzuweisungen des Landes.
Analyse
Das Land stellt einen Teil seiner Steuereinnahmen bereit und verteilt sie nach einem bestimmten Schlüssel unter die Kommunen. Dafür wird die tatsächliche Steuerkraft ermittelt und mit dem Finanzbedarf verglichen. Liegt die Steuerkraft unter dem Bedarf, so wird die Differenz zu einem Teil durch das Land aufgefüllt. Für die Berechnung wird ein bestimmter Zeitraum als Grundlage genommen. Für 2018 gilt, was die Gemeinde im dritten und vierten Quartal 2016 und im ersten und zweiten Quartal 2017 eingenommen hat. In diese Zeit fiel nun eine höhere Gewerbesteuernachzahlung, die der Gemeinde zugutekam. Diese einmalige Nachzahlung wirkt sich auf die Schlüsselzuweisungen aus, die nun für 2018 mit 2,6 Millionen Euro deutlich niedriger ausfallen.
Mittlerweile spielen die großen Firmen wie Johnson Controls, davor auch Girmes oder Grevelour in Grefrath keine Rolle mehr. Die Gewerbesteuer wird von den mittleren und kleineren Unternehmen erwirtschaftet. Große Schwankungen sind dann unwahrscheinlicher, die Steuereinnahmen dann aber auch auf einem niedrigeren Niveau. Für die nächsten Jahre kann Grefrath also auf ruhigere Zeiten hoffen.
Das Loch von 1,44 Millionen Euro im Haushaltsentwurf 2018 war für den Kämmerer nur eine Momentaufnahme. Folgt die Politik Rives Vorschlag einer Anhebung der Grundsteuer B um 45 auf 490 Prozentpunkte, läge das Minus nur noch bei 1,24 Millionen. Geplante Erträge von 27,7 Millionen Euro stehen 28,9 Millionen Euro Aufwendungen gegenüber.
Auch eventuelle Sparmaßnahmen, die die Politik vielleicht noch beschließt, könnten sich positiv auf die Summe auswirken. Seit 1995 befindet sich die Gemeinde Grefrath — mit kurzen Unterbrechungen — in der Haushaltssicherung. An vielen Stellen wurde bereits gespart. Vor einem Jahr lobte der Kämmerer noch das Ergebnis der Sparberatungen, die Maßnahmen zur Folge hatten, die seit 2014 jährliche Entlastungen in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro erbracht hatten. So wurden bereits Steuern angehoben, Zuschüsse gestrichen, Gebühren erhoben und Mitarbeiterstellen nicht neu besetzt. Wo nun noch weiter gespart werden kann, werden die Beratungen zeigen müssen. Einfach wird dies sicher nicht.
Rive hatte Einsparungen bei Personal und Gebäudeunterhaltung in seiner Haushaltsrede bereits ausgeschlossen. An beiden Stellen ist die Gemeinde schon an der unteren Grenze angekommen. Andererseits sind auch auf der Ausgabenseite noch Fragezeichen. Fest steht, wie von der WZ bereits berichtet, dass die jährliche Krankenhausumlage um 80 000 auf 250 000 Euro erhöht wird. Und auch die Entwicklung der Kreisumlage ist noch offen.
Ein Experte des Rheinisch-Westfälischen-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) hatte im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden mit der Finanzsituation von Kommunen ähnlicher Größe und Struktur verglichen (die WZ berichtete). Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass neben dem niedrigen Gewerbesteueraufkommen auch die laufenden Zinsausgaben aufgrund des hohen Schuldenstands ein Problem sind. Um das Finanzergebnis zu verbessern, müssten Schulden abgebaut werden. Daran ist in Grefrath in nächster Zeit wohl nicht zu denken.