„Kempen braucht Stolpersteine“

Viele Bürger diskutierten Donnerstag bei der Rollenden Redaktion über das Gedenken an die NS-Opfer.

Auch Schüler beteiligten sich Donnerstag an der Diskussion rund um das Thema Stolpersteine.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Soll Kempen Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Holocaust bekommen? Diese Frage diskutierten Vertreter der Initiative pro Stolpersteine Donnerstag mit Bürgern am WZ-Mobil. Der Andrang war groß — das Thema interessiert Jung und Alt. Am WZ-Mobil meinte eine deutliche Mehrheit heraus: „Kempen braucht Stolpersteine.“

Dieses Stolperstein-Beispiel brachte die Initiative Donnerstag mit zum WZ-Mobil.

„Ich bin dafür“, sagt Claudia Kandels entschlossen. „Wir können damit der Menschen gedenken, die unschuldig vertrieben und ermordet worden sind. Die Stolpersteine können eine Art der Versöhnung sein.“ Auch der gebürtige Niederländer Dick van Rijn spricht sich für die Gedenksteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig aus: „2010 bin ich in Mönchengladbach zum ersten Mal über die Steine gestolpert. Sie brachten mich sofort zum Nachdenken: Wurden die Leute einfach verschleppt — mitten in der Stadt? Gab es keinen Widerstand?“

Nachdem die erste Initiative für die Stolpersteine 2011 gescheitert ist, stehen nun viele junge Leute hinter dem zweiten Versuch. Schüler von Berufskolleg und Thomaeum waren Donnerstag am WZ-Mobil: „Mit den Stolpersteinen wird auch nicht-jüdischen Opfern gedacht. Das gibt es in Kempen noch nicht“, sagt Jael Neuenhaus. Sie spricht damit politisch Verfolgte, Euthanasie-Opfer und Zwangsarbeiter an. Ihre Mitschüler Jérôme Weyers, Simon Geißels und Justine Bildstein sind der selben Meinung.

„Sehr dafür“ ist auch Adelheide Hoffmann, die seit 1968 in Kempen wohnt. Sie würde sogar einen Stolperstein bezahlen, um vor allem Jugendliche besser über das Thema aufzuklären. „Diesen Steinen kann man nicht ausweichen. Wenn Kinder fragen, was das ist, muss man es ihnen erklären“, sagt sie.

Eine Frau, Jahrgang 1940, die ihren Namen nicht nennen wollte, findet, dass beispielsweise die Gravuren auf der Stele am Rathaus schlecht zu lesen sind. Außerdem gebe es dort keine persönlichen Angaben über die Opfer — wie Namen, Alter und Adresse. „Die alte Synagoge ist überhaupt nicht als solche zu erkennen“, moniert sie.

Ingrid Ropertz ist auf jeden Fall für die Stolpersteine, damit die Erinnerung an diese Zeit nicht verloren geht.

Ähnlich sieht es Norbert Spohr: „Das Thema ist jahrelang ein wenig ignoriert worden.“

Für Hellmut Kauffmann ist nicht die Zahl der Stolpersteine wichtig, sondern der Inhalt der Informationen. „Wir dürfen diese Zeit nicht vergessen“, mahnt er. „Stolpersteine gehören überall hin“, meint hingegen Bärbel Decker.

Gerhard Lamers hat die Zeit der Judenverfolgung erlebt. Ihm ist wichtig, dass die Erinnerung daran erhalten bleiben müsse. Er hätte allerdings lieber eine Alternative zu den Stolpersteinen. „Größere Wandplatten wären besser. Darauf könnte man mehr Informationen über die Opfer unterbringen“, sagt er.

Gegner der Stolpersteine gab es bei der Diskussion nur wenige: „Ich bin strikt dagegen. Das ist Geschäftemacherei eines einzelnen Künstlers“, sagt ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte.

Die Redaktion erreichten viele Leserbriefe zum Thema. Zwei davon lesen Sie heute auf Seite 16. Weitere folgen in den nächsten Tagen.