Einsätze Die Demo-Planungen der Polizei

Kempen · Öffentliche Versammlungen müssen von der Polizei begleitet werden – eine Erklärung am Beispiel „Fridays gegen Altersarmut“.

Viel los war nicht am Kempener Stand von „Fridays gegen Altersarmut“. Am Freitag gegen 16.20 Uhr bot sich dieses Bild.

Foto: WZ/Tobias Klingen

Deutschland im Januar 2020: Die Bürger kämpfen für ihre Themen, gehen zum Teil dafür auf die Straße. Kundgebungen, Demonstrationen oder Mahnwachen – all das bedeutet auch mehr Arbeit für die Polizei. Dass die Behörde sich auf alle Eventualitäten vorbereiten muss, zeigte sich am vergangenen Freitag auf dem Kempener Buttermarkt. Für den Nachmittag hatten Anhänger der bundesweiten Aktion „Fridays gegen Altersarmut“ zu einer Mahnwache aufgerufen. Letztlich stand ein Stehtisch am Martins-Denkmal, an dem sich eine Handvoll Aktivisten mit vorbeikommenden Passanten über die Probleme in der Altersversorgung unterhalten wollten und dies zum Teil taten.

In der Spitze dürfte es also ein Dutzend Leute gewesen sein, die sich im Zuge der Aktion auf dem Buttermarkt aufhielten. Die Polizei bot zwei Fahrzeuge und drei Beamte auf, um die etwa dreistündige Veranstaltung im Blick zu haben. Dieses Verhältnis wirft durchaus die Frage auf, was die Polizei bei entsprechenden Veranstaltungen eigentlich aufbieten muss.

  „Für Demonstrationen und Mahnwachen gibt es keine generell vorgeschriebenen Mindestzahlen von Einsatzkräften“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Goertz auf Anfrage der WZ. Nach der Anmeldung der entsprechenden Versammlung bei Ordnungsbehörden und Polizei führe man mit den Veranstaltern ein Gespräch zum konkreten Ablauf, so Goertz. Darin geht es um verschiedene Fragen. Logischerweise auch darum, wie viele Leute erwartet werden. Dies sei beim konkreten Fall „Fridays gegen Altersarmut“ schwer einzuschätzen gewesen, da es diese „Mahnwache“ erstmals in Kempen gab.

Nach den Gesprächen mit den Veranstaltern gebe es interne Recherchen der Polizei und danach würden die Beamten eine „Gefahren-Bewertung“ abgeben. Kann von den Veranstaltern eine Gefahr ausgehen? Oder könnten die Ausrichter selbst in Gefahr geraten? Um diese und andere Fragen gehe es in der Analyse, so Goertz.

Wichtig bei der Einschätzung sei auch immer, welchem „politischen Spektrum“ die Veranstaltung zuzuordnen sei. Beim Beispiel des AfD-Neujahrsempfangs in Oedt in der vergangenen Woche war klar, dass das Polizeiaufgebot groß sein muss. Schließlich hatte sich eine Kundgebung mit 300 Teilnehmern angemeldet, um gegen die Veranstaltung der rechtspopulistischen Partei zu demonstrieren (die WZ berichtete).

Bei der Bewertung der Altersarmut-Mahnwache habe das „politische Spektrum“ auch eine Rolle gespielt, wie Goertz bestätigt. Wie die Bewegung, die auf einer Facebook-Gruppe mit über 300 000 Mitgliedern basiert, zu bewerten ist, darüber wird derzeit kontrovers diskutiert. Kritiker weisen immer wieder daraufhin, dass die Bewegung mit dem eigentlich positiven Ansinnen, etwas gegen Altersarmut zu unternehmen, von rechten Kräften unterwandert wird.

„Gründer und Kopf von ,Fridays gegen Altersarmut’ ist der 55-jährige Heinrich ,Heinz’ Madsen. Er unterhält mehrere Facebookprofile und taucht seit Jahrzehnten immer wieder in den Medien auf“, berichtet der Bayerische Rundfunk. „Im Jahr 2005 hatte er mehrere Behörden verklagt, weil er Ein-Euro-Jobs verrichtet hatte, die er für widerrechtlich hielt. Mit der Klage unterlag Madsen damals vor dem Bundesarbeitsgericht. Seitdem ist er, wie er sagt, gegen ,soziale Ungleichheit’. Aktuell sieht er sich im ,Kampf gegen Altersarmut’“, berichtet der öffentlich-rechtliche Sender.

„Ich bin nicht rechtsradikal, kein Nazi, gehöre keiner Partei an und werde nie einer Partei angehören, und ich habe ein Gehirn, das mich zum Nachdenken anregt, wie es mit uns Deutschen weiter geht.“ So entgegnet eine Initiatorin der Kempener Mahnwache den Vorwürfen von rechtsradikalen Tendenzen der Gruppe bei Facebook. Es ist sicher auch nicht haltbar, dass alle Mitglieder dieser Bewegung rechtes Gedankengut verbreiten wollen. Es ist aber ohne Frage so, dass rechtsorientierte Politiker die Bewegung und das Thema nutzen wollen. Bei den rund 200 Kundgebungen in Deutschland am vergangenen Freitag waren nach Angaben verschiedener Medien entsprechende Kräfte dabei. Auch in Kempen. Dort waren AfD-Mitglieder aus dem Kreis Viersen vor Ort. Einer von ihnen war sogar als Ordner im Einsatz.