Kempen: Ein Medienstar und seine Geschichten
Zwei Experten rückten Thomas Mann ins rechte Licht.
Kempen. Thomas Mann als Medienstar des 20. Jahrhunderts: Dieses Motto des literarischen Abends konnten die 300 Besucher am Samstag in der vollen Paterskirche am Ende getrost unterschreiben. Zuvor hatten der Journalist Jochen Hieber und die Lektorin Cornelia Borchardt das Leben des deutschen Schriftsteller (1875-1955) 100 Minuten lang auf zwei Großleinwänden Revue passieren lassen. Der Kempener Geschichts- und Museumsverein hatte die Multimedia-Schau ermöglicht, die Hieber-Borchardt seit 2007 ein Dutzend Mal präsentiert hat.
Hieber und Borchardt gelang es, Leben und Werk des "Medien-Avantgardisten" Thomas Mann so darzustellen, ohne dass auch nur eine Sekunde Langeweile im Publikum aufkam. Mit Filmeinblendungen von Buddenbrooks oder Zauberberg, Hörfunk-Reportagen des Groß-Schriftstellers, Interviews, Reden, Gedanken wurden 80Jahre deutsche Literaturgeschichte am Beispiel dieses großen Narzisten gezeigt.
Spannend war die Schau deshalb, weil der Literaturkritiker von der "FAZ" und die Lektorin vom S.Fischer-Verlag den Fokus ausschließlich auf Thomas Mann und seine Familie richteten. Kommentierungen und Bewertungen überließen sie nicht Dritten, sondern nahmen das Heft der Dramaturgie selbst in die Hand. Sogar die berühmt-berüchtigte Home-Story fehlte nicht bei Thomas Mann, wenn er im hohen Alter noch Einblicke in sein Leben in der Villa am Zürich-See gewährte.
Hier und dort hätte man sich tiefere Einblicke gewünscht. Etwa, als die Rede aufs nach außen hin intakte, nach innen hin aber brüchige Familienleben des Arbeitswütigen kam. Oder bei den BBC-Einblendungen aus dem amerikanischen Exil, als Thomas Mann wortgewaltig Freiheit für sein geliebtes Deutschland und Befreiung vom Nazi-Terror forderte. "Doch dafür hätte die Zeit leider nicht gereicht", war Jochen Hieber sich dieses Mankos durchaus bewusst. Dennoch: ein bewegender Abend für Literaturfreunde.