Niershorst Lohbergs letzter Funkspruch im Tower des Flugplatzes
Grefrath/Kempen · Der 81-jährige Bernd Lohberg aus Kempen hatte seinen letzten Arbeitstag als Türmer auf dem Flugplatz Niershorst in Grefrath.
Bernd Lohberg war seit 1993 Türmer. Im historischen Sinne ist das die Bezeichnung für einen Wächter, der von einem Turm oder einer Türmerstube die Umgebung beobachtet und gegebenenfalls die Bevölkerung vor Gefahren warnt. Der Kempener saß aber nicht etwa im Burgturm seiner Heimatstadt, sondern im Tower auf dem Flugplatz Niershorst. Am Dienstag hatte der Lohberg seine letzte Schicht in der Flugaufsicht auf dem Platz in Grefrath.
Gebürtig kommt der 81-Jährige aus Thüringen. In seiner damaligen Heimatstadt, so erzählt er im WZ-Gespräch, habe es einen Segelflugplatz gegeben. Das Treiben dort habe früh sein Interesse am Segelflug geweckt. Er sei davon fasziniert gewesen, wie ein Flugzeug oben in der Luft bleiben könne. Seit mehr als 50 Jahren wohnt der gelernte Mechaniker, der bis zu seiner Pensionierung im Bereich EDV/Informatik Abteilungsleiter bei Thyssen war, in Kempen. Und seit 1966 betreibt er das Segelfliegen auf dem Platz in Grefrath, den es seit 1959 gibt. „Segelfliegen hat für ich immer noch eine größere Bedeutung als Motorfliegen, das ich auch betreibe“, sagt Lohberg. „Hier steht Präzision an erster Stelle, der Pilot trägt die alleinige Entscheidung“, so die Erfahrung des Kempeners.
Weiter gefällt ihm an seinem Hobby, dass es mehrere Menschen und Teamarbeit bedarf, um überhaupt in mit dem Fluggerät in die Luft zu kommen. „Um vier Minuten zu Fliegen, ist man den ganzen Tag auf dem Platz“, sagt Lohberg. Denn man helfe sich gegenseitig. Fünf Leute seien nötig, damit Start, Flug und Landung möglich sind. Die Winde muss bedient, das Seil zurückgeholt werden, Flugpläne erstellt, Maschine überprüft und aufs Feld gerollt werden, Lande- und Startbahnen je nach Windrichtung bestimmt werden, nennt Lohberg einige der nötigen Arbeiten.
Und einige davon fallen in das Aufgabengebiet eines Türmers. „Wir sind ein Verkehrslandeplatz, wie auch Mönchengladbach“, erklärt der 81-Jährige. Damit müsse der Flugplatz jeden Tag von 11 Uhr bis Sonnenuntergang – an den Wochenenden im Sommer auch früher – geöffnet und der Turm besetzt sein. Anders als Mönchengladbach verfügt Grefrath nicht über ein Radarsystem. Der Kontakt zwischen Boden und Luft wird per Funkgerät gehalten. Überraschungsbesuche gebe es auf Flugplätzen eher selten. Flüge müssen angemeldet werden. Über die Begebenheiten vor Ort gibt das Luftfahrthandbuch AIP (Aeronautical Information Publication) Auskunft. Bei einer sogenannten Platzrunde kann der Pilot dann von oben einen Blick auf den Platz werfen, die Einweisung des Türmers per Funk soll dann zu einer sicheren Landung verhelfen.
Die Luftaufsicht auf dem Niershorst ist ehrenamtliche Arbeit. Dazu gehört die Überprüfung, ob das Gelände für Start und Landung sicher. Als Beispiel nennt Lohberg Erdlöcher von Hasenbauten. Dann wird bestimmt, welche Landerichtung der Wind vorgibt, je nach wird das Landekreuz für die Bahn 07 (Osten) oder 25 (Westen) ausgelegt. Natürlich weiß die Flugaufsicht genauestens über die Wetterbedingungen Bescheid. „Selbst wenn die Wolken für den normalen Segelflugbetrieb zu niedrig sind, muss der Platz besetzt sein“, sagt Lohberg. Denn es könnten andere Maschinen landen wollen. Wie zum Beispiel der Hubschrauber, der zweimal wöchentlich in Grefrath auftankt, um dann seinen Kontrollflug über die Pipelines fortzusetzen. Besonders viel los ist natürlich an den Sommerwochenenden. „Da geht der Betrieb wegen der Thermik auch früher los“, sagt der Pilot.
Lohberg hat mit dem Segelflugzeug alle Leistungsabzeichen gemacht. Und ab dem Jahr 1972 auch als Fluglehrer zunächst für den Segelflug und dann ab 1980 auch für en Motorflug in Grefrath gearbeitet. Mit dem Motorflugzeug habe er unter anderem bis auf eine Mittelmeerinsel alle mit Flughafen besucht. Er sei aber auch schon in Israel, Spanien, der Türkei und vielen anderen Ländern gewesen. Bei „schönen Touren“ auch mit einer Frau Gerti zusammen, die ihn immer bei seinem aufwendigen Hobby unterstützt habe.
Seine aktive Zeit mit Unterrichten, Dienst im Turm, Segelflug und Motorflug (seine Lizenz läuft nächstes Jahr aus), ist nun vorbei. „Mit über 80 ist es an der Zeit aufzuhören“, sagt Lohberg, der selbst als Flieger nie zu Schaden gekommen ist und auch auf dem Flugplatz keine Vorfälle mit Personenschaden gehabt hat. Kratzer am Flugzeug habe es bei ihm aber schon gegeben, als einmal die Bremsen versagten. Besonders stolz ist der Senior auf das Otto-Lilienthal-Diplom, das er 2011 für seine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit erhalten hat. Es ist die höchste Auszeichnung des Deutschen Aeroclubs. „Davon gibt’s nicht viele“, sagt er.