Konzert mit vier Cembali in Kempen „So verrückt kann nur Bach sein“
Kempen · Die „Concerti per Cembali“ in der „Haltestelle“ in Kempen boten ein außergewöhnliches Konzerterlebnis. Für die beteiligten Musiker stellte schon die Vorbereitung eine logistische Herausforderung dar.
Ein herausragendes wie bemerkenswertes Musikerlebnis gab es am Feiertag zur Deutschen Einheit in der „Haltestelle“ in Kempen. „Unter jedem Dach ein Bach“, sagte Andreas Baumann, der den Konzertraum der „Haltestelle“ betreibt, und dass das sehr gut passe, habe doch ohnehin der Wunsch nach mehr Klassik bestanden.
Von seiner Vorliebe für Jazz ging es nun also zu Bach. Der wiederum ist ja ohnehin ein besonderer Komponist, einer, der die Musikwelt, unterschiedliche Stile und Epochen geprägt hat, und der mit seinen Konzerten für Cembali den Beginn der Tradition von Klavierkonzerten einläutete und eben „ganz verrückte Musik“ machte.
Barockmusik von Bach, das sind Kompositionen, die der flüchtigen Leichtigkeit eine bestechende Struktur der Wiederholung entgegensetzen. So entsteht eine Musik, die stets erhebend und erhaben wirkt, die den Geist auf markante Weise zur Klarheit bewegt. Bach fokussiert, macht hellwach und entführt gleichzeitig in eine andere, fließend-schillernde Welt.
„Vier Cembali auf der Bühne, so verrückt kann nur Bach sein“, scherzte auch Ute Gremmel-Geuchen, eine der vier Solo-Cembalisten bei „Concerti per Cembali“ und Initiatorin dieses Konzertes, das schon eine logistische Herausforderung war: Immerhin mussten vier dieser doch recht sperrigen Instrumente ihren Weg zum Veranstaltungsort finden. Ute Gremmel-Geuchen ist eben nicht nur eine Ausnahme-Musikerin, die für dieses Konzert außerdem sechs Nationen auf der Bühne versammelte.
Zur Entstehungszeit der Werke wurden die Konzerte übrigens im Hause Bach, wo der Komponist über acht Cembali verfügte, und im „Zimmermannischen Caffee-Hauß“ in Leipzig gespielt. Dass solche Konzerte heute eher selten sind, liegt gewiss im organisatorischen Aufwand begründet. So dürfte es für viele im Publikum tatsächlich wie damals ein ungewöhnliches Konzerterlebnis gewesen sein mit den zwei bis vier Cembali.
Die ganze Woche sei schon Hörgenuss gewesen, erzählte Baumann, denn die Musikerinnen und Musiker hätten seit Sonntag jeden Tag bis zu acht Stunden geübt. Gemeinsam mit dem Barockensemble Capella 94 in der Besetzung 1.und 2. Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass und Konzertmeister Emilio Percan spielten die Cembalisten Ute Gremmel-Geuchen, Ada Tanir, Christoph Scholz und für den erkrankten Léon Berben die beiden Cembalisten Wolfgang Kostujak, seit 2024 Professor an der Folkwang Universität der Künste in Essen, und Marija Tamkevičiūtė, mehrfache Preisträgerin bei internationalen Musikwettbewerben.
Kontrabässe waren
teilweise historisch
Die Instrumente waren teilweise historisch, etwa der Kontrabass von Ioannis Babaloukas und das Violoncello von Hannah Freienstein. Die Cembali indessen sind nachgebaut nach historischen Vorbildern und stammen aus unterschiedlichen Manufakturen, aus Frankreich, Italien oder den Niederlanden. Sie unterschieden sich auch im Klang, was vor allem in dem Mittelteil des Concerti C-Dur hervortrat, als Ada Tanir allein eröffnete und Scholz mit seinem Cembalo hinzukam. Es ist dieser ganz besondere Klang des Cembalos, dieses leicht vibrierende, flirrende, als gäbe es neben dem Hauptton stets weitere, sich anschmiegende Töne.
Bach hat für seine Cembalo-Konzerte zum Teil Instrumentalwerke transkribiert und auf mehrerer Cembali und Streicher übertragen, etwa Vivaldis Konzert in h-Moll. Die vier Cembalisten, hier trat Marija Tamkevičiūtė auf, gaben diesem Werk gemeinsam mit dem fünfköpfigen Ensemble eine begeisternde und fesselnde Mehrschichtigkeit, es war ein ganzer Klangteppich, der sich da auf der Bühne ausbreitete und tief in den Kopf eingrub, virtuos gespielt von den Cembalisten und auch immer wieder geprägt von Freienstein am Violoncello und Babaloukas am Kontrabass. Gerade der Kontrabass war über das ganze Konzert ein herausragender, die Cembali erdender und umarmender Klang.
Zu hören waren insgesamt fünf Werke, die Bach zwischen 1729 und 1740 komponiert hat, und wer wollte, konnte im Anschluss noch Wissenswertes über die Instrumente erfahren.