Faszination Mundharmonika Unterwegs zwischen Jazz und Klassik
Kempen · Der gebürtige Kempener Konstantin Reinfeld zählt weltweit zu den Spitzenvertretern seines Instruments – der Mundharmonika. Nun kehrt der 28-Jährige für ein Konzert in seine Heimatstadt zurück.
Laminat legen, Reifen wechseln, Salsa tanzen – wer etwas lernen möchte, schaut sich Tutorials auf der Online-Plattform Youtube an und probiert es selbst aus. Das machte auch Konstantin Reinfeld so, als er vor Jahren die Mundharmonika für sich entdeckte. Der damals 13-Jährige spielte schon Klavier und Klarinette, als er in der Vorweihnachtszeit mit der Familie daheim eine Talentshow im Fernsehen sah und dabei auf die Mundharmonika aufmerksam wurde.
Ein faszinierendes Instrument für den jungen Kempener, den der Sound der Mundharmonika begeisterte „und dieses Geheimnisvolle. Man muss für sich entdecken, was da passiert, wenn jemand dieses Instrument spielt“, sagt er. Gleichzeitig sei man während des Spiels „ganz nah dran an der Quelle des Instruments“. Er kaufte sich eine Mundharmonika und ein Lehrbuch, schaute sich Tutorials bei Youtube an und lernte so nach und nach, die Mundharmonika immer besser zu spielen. „Ich habe früh angefangen, mich selbst dabei aufzunehmen, die Videos ins Internet gestellt und dabei ein sehr schönes Feedback bekommen. Dadurch habe ich noch vor meinem Musikstudium viel gelernt“, erinnert sich der heute 28-Jährige.
Inzwischen zählt er weltweit zu den Spitzenvertretern seines Instruments, unterrichtet selbst interessierte Musiker aus der ganzen Welt online und hat vor einigen Monaten auch ein Lehrbuch zum Mundharmonika-Spiel herausgebracht. Fürs Studium verließ er Kempen und zog erst nach Köln, später nach Hamburg, wo er heute noch wohnt. Ist er unterwegs zu Konzerten, hat er eine Mappe mit einer kleinen Mundharmonika-Auswahl dabei, „zu Hause habe ich rund 150 Exemplare“, erzählt er. Viele hat er geschenkt bekommen, andere wurden extra für ihn angefertigt.
Die Mundharmonika ist ein vielseitiges Instrument. Klein und handlich, passt es in jede Jackentasche und ist musikalisch überall einsetzbar: in der Volksmusik, im Blues, im Jazz, „in Südamerika auch für Bossa Nova oder Tango“, sagt Reinfeld. Im asiatischen Raum sei die Mundharmonika ebenfalls tief verankert, viele Kinder lernten dort nicht Blockflöte, sondern Mundharmonika, „und sie spielen wahnsinnig schnell und präzise klassische Stücke.“
Duo hat Nähe zu
Jazz und Klassik
Anfangs habe er sehr viel Jazz gespielt, erzählt der gebürtige Kempener. Inspiriert von dem US-amerikanischen Mundharmonikaspieler Howard Levy, der Reinfeld in Hamburg auch unterrichtete, fand er zur Klassik. Zwischen Jazz und Klassik bewegt sich auch Pianist Benyamin Nuss.
2017 fanden die beiden Musiker dann als Duo zusammen. „Ich wollte Klassik auf der Mundharmonika spielen, war auf der Suche nach einem Pianisten“, erinnert sich Reinfeld. Nuss habe Klassik studiert, komme aber aus einer Jazz-Familie, „das war die perfekte Kombi“, sagt Reinfeld, und mit Blick auf Jazz und Klassik: „Wir können uns sehr gut dazwischen bewegen.“
2019 wurden die beiden schon für ihr Album „Debut“ mit dem Opus Klassik als Newcomer Instrumental ausgezeichnet. Nach ihrem ersten Duo-Konzert, das sie vor Jahren in Kempen gaben, kehren sie nun zurück, begleitet vom Detmolder Kammerorchester mit Dirigent David Niemann. Auf dem Programm für das besondere Zusatzkonzert in der Paterskirche stehen unter anderem das „Concertino für Harmonika, Klavier und Orchester“, das Benyamin Nuss für sich selbst und Konstantin Reinfeld geschrieben hat, sowie die „Orchestersuite für Mundharmonika und Klavier“ von Wolf Kerschek. In Kerscheks Orchestersuite gebe es Passagen, die nicht festgeschrieben seien, erklärt Reinfeld: Da ist Raum zum Improvisieren.
Vermutlich werden Reinfeld und Nuss in Kempen auch erste weihnachtliche Töne anschlagen, denn an dem Tag, an dem sie ihr Konzert in der Paterskirche geben, erscheint mit „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ auch die Single-Auskopplung aus ihrem ersten Weihnachtsalbum, das ab 22. November erhältlich ist. Der Klang der Mundharmonika habe häufig etwas Familiäres, auch Melancholisches, fügt Reinfeld an, macht aber schon neugierig: „Die Platte klingt komplett anders.“