Schulaufführung in Kempen Gezicke und Gezeter auf der Bühne

Kempen · Seit Monaten probt die Theater-AG am Gymnasium Thomaeum in Kempen ihr neues Stück „Viel Lärm in Chiozza“.

Anfangs ist es noch ruhig in dem kleinen Fischerdorf Chiozza. Doch dann eskaliert der Streit.

Foto: Norbert Prümen

Das Bühnenbild in der Aula des Gymnasiums Thomaeum in Kempen verbreitet Urlaubsflair: An bunten Häusern hängen Fischernetze, vor den geöffneten Fenstern hängen Kästen mit blühenden Blumen. Vor den Häusern stehen Bänke und Stühle, auf denen die Bewohner sitzen und ein Schwätzchen halten können. Italien lässt grüßen. So sieht es aus in dem kleinen Fischerdorf Chiozza, wo jeder jeden kennt.

„Konstantin, wir starten noch mal mit dem Lied für den Einstieg“, schallt die Stimme von Katrin Peters durch den Saal. Sie ruft in Richtung Technik – und dann in Richtung Bühne: „Alles fertig machen für die erste Szene!“ Die italienische Eingangsmusik beginnt, und Sekunden später füllen sich die Häuserzeilen mit Leben.

Die Textbücher sind
bei den Proben gut getarnt

Lilli Bormke, Lotte Schrörs, Lucie Schumacher, Nele Wiegand und Emilia Freund nehmen vor den Häusern Platz. Sie tragen weiße Blusen und lange Röcke, darüber Schürzen. Aus ihren Körben tauchen Handarbeits- und Küchenutensilien auf – und, etwas getarnt, auch die Textbücher. Die einen schälen Äpfel, die anderen arbeiten mit Nadel und Faden. Über die Straße hinweg wird getratscht, wobei das mit viel Temperament. Und das schaukelt sich langsam, aber sicher, hoch. Es kommt zu Sticheleien, auch zu der ein oder anderen bösartigen Unterstellung. Die Situation eskaliert, als Ida Wollziefer als Kahnbesitzer Toffolo dazu kommt und mit den jungen Frauen zu flirten beginnt. Damit ist man auch schon mittendrin in der Ausgangslage für eine Komödie, in der es hoch her geht.

Seit rund einem halben Jahr laufen am Thomaeum die Proben für die Komödie „Viel Lärm in Chiozza“ von Carlo Goldoni. Er verfasste das Stück in drei Akten 1761 unter dem Titel „Le baruffe chiazzotte“ in venetischer Sprache. Es wurde 1762 im Teatro San Luca in Venedig uraufgeführt. Nun ist es die Bühne in der Aula des Kempener Gymnasiums, auf der in bester Manier gezankt und gestritten wird.

22 Neunt- und Zehntklässler der Theater-AG sind unter der Leitung von Peters voller Begeisterung im Einsatz. Die Proben laufen seit den Herbstferien im vergangenen Jahr. „Ich kannte das Stück von meiner vorigen Schule, wo es einst Kollegen einmal aufführten. Ich dachte mir, dass es auch etwas für uns ist“, berichtet Peters. In der Theater-AG traf sie mit ihrem Vorschlag auf Zustimmung, und es ging los. Kunstkollege Jürgen Hemkemeyer macht sich ans Bühnenbild und Brigitte Nienhaus, die die Theater-AG seit Jahren unterstützt, durchforstete den Fundus nach passender Bekleidung und entsprechender Requisite.

Auf der Bühne gibt es nach dem ersten Akt eine kurze Pause. Die nutzt Lotte, um zu Nienhaus zu gehen. „Ich müsste auch irgendeine Handarbeit ausführen, wenn ich im ersten Akt auf der Bühne sitze“, wünscht sich Lotte. Ein Nicken von Nienhaus, die sich sicher ist, dass sich im Fundus des Gymnasiums noch etwas finden wird. Erste Abhilfe hat sie aber sofort in Form eines weißen Stoffstücks samt Nadeln und Faden zur Hand.

Während sich Nienhaus auf den Weg in Richtung Fundus im Keller macht, läutet Peters die nächste Szene ein, in der die Fischer und damit die Ehemänner oder Verlobten der Frauen nach Hause kommen und in die Streitigkeiten hineingezogen werden. Ein jeder meint Recht zu haben, und wenn sich die Wogen ein wenig glätten, gießt wieder jemand Öl ins Feuer.

Die nächste Szene ist komplett durchgespielt, als Nienhaus aus dem Funduskeller zurückkommt. Sie hält aber nicht nur einen bespannten Stickrahmen samt Nadel in den Händen. „Ich habe noch Mützen für unsere Fischer gefunden, eine rote Schürze für unseren Kürbisverkäufer und eine blaue Krawatte für unseren Richter“, sagt Nienhaus. Die Requisiten werden verteilt. Linus Rimke als Kürbisverkäufer Canochia übernimmt die Schürze, Lotte tauscht das Stück Stoff gegen den Stickrahmen aus, und Mathilda Flemming erhält zum schwarzen Sakko die Krawatte. Bei den Fischern machen unter viel Gelächter die Mützen die Runde. Bis zur Premiere werden die Textbücher verschwunden sein. Für den Notfall gibt es schließlich eine Souffleuse.