Rundgang durch Kempen Häuschen wie aus dem Bilderbuch

Kempen · Wie leicht finden Touristen den Weg vom Bahnhof in die Kempener Altstadt? Und dann zu den Sehenswürdigkeiten? Ein Test.

Die Zeile der Fachwerkhäuser an der Alten Schulstraße wurde 1609 errichet. Bis heute bezaubern die Häuschen Einheimische wie Auswärtige und sind ein beliebtes Fotomotiv.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Es ist ein kalter, verregneter Tag. Einer, an dem die nasse Kälte unter die Jacke und durch die warme Kleidung hindurchkriecht und am Ende des Tages so tief in den Knochen steckt, dass man gar nicht mehr richtig warm wird. Einer, an dem man am allerliebsten den ganzen Tag mit einem heißen Tee unter einer warmen Decke auf dem Sofa sitzt und nicht etwa eine Entdeckungstour durch eine Kleinstadt am Niederrhein macht. Genau das habe ich aber getan.

Kempen ist eine hübsche kleine Stadt. Das Gefühl habe ich direkt, als ich am Bahnhof stehe. Natürlich kann ich dort noch nicht so viel von der Stadt sehen, aber ich habe ein gutes Gefühl. Es sieht jedenfalls um den Bahnhof herum recht sauber aus – keine Selbstverständlichkeit für Bahnhöfe –, und es herrscht reges Treiben. Viele Autos fahren am Bahnhofsvorplatz vorbei, dazwischen sind, trotz der Eiseskälte, einige Fahrradfahrer und sogar Fußgänger unterwegs. Die sind aber alle bis zu den Augen in ihren Jacken und Schals verschwunden und wohl nur deshalb draußen, weil der Hund raus muss.

Auch auf dem Bahnhofsvorplatz selbst ist viel los: Menschen warten auf ihre Busse, Busse kommen und fahren wieder, Menschen steigen ein und aus und machen sich auf den Weg in die Richtung, in der ich die Innenstadt vermute. Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen. Diese Stadt ist nicht ausgestorben. Ich schaue mich um und entdecke die Anzeigetafel mit dem Fahrplan der Busse – und darunter etwas, das verdächtig nach einem Stadtplan und Fotos aussieht. Tatsächlich: Die Fotos und kurzen Texte auf dem Stadtplan lassen mich wissen, was diese Stadt am Niederrhein so alles zu bieten hat.

Und das ist eine ganze Menge. Von Radwegen durch Wiesen und Felder über eine Burg bis hin zu einer lebendigen Innenstadt. Direkt neben der großen Anzeigetafel steht ein Wegweiser. Der ist zwar für Fahrräder gekennzeichnet, aber die Richtung in die Kempener Innenstadt wird ja wohl auf dem Fahrrad keine andere sein als zu Fuß, denke ich mir. Also mache ich mich auf den Weg.

Die Schilder sind klein und leicht zu übersehen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Es geht in eine schöne Straße mit hübschen Häusern. Schon von Weitem sehe ich einen Kirchturm inmitten der Häuserdächer auftauchen. Ich befinde mich wohl auf dem richtigen Weg Richtung Stadtmitte. Wie zur Bestätigung steht kurz darauf ein Schild vor meiner Nase, auf dem in großen Buchstaben „Altstadt“ zu lesen ist. Zu meiner Rechten sehe ich jetzt die Burg, und die kann sich sehen lassen. Vielleicht wissen ja die Leute in der Buchhandlung an der Ecke, was ich hier in Kempen als Erstes erkunden sollte? Ich gehe rein und frage nach.

Die Thomas-Buchhandlung ist hell und freundlich, und es riecht nach neuen Büchern. Die Mitarbeiterin Petra Könings begrüßt mich mit einem Lächeln. Als ich sie frage, was man in Kempen unbedingt gesehen haben muss, antwortet sie sofort: die Thomaskirche. Die sei besonders schön. „Und natürlich die Alte Schulstraße, die Innenstadt, die Burg. Ja, ich würde sagen, die Burg selbst und drum herum ist mein Lieblingsort in Kempen“, sagt sie und fügt hinzu: „Wenn nicht gerade eine Baustelle da ist.“ Momentan sind um die Burg herum nämlich viele Bauzäune zu sehen.

Wieder draußen fällt mir ein kleines Schild auf. Es ist an einem Laternenpfahl befestigt. In kleinen orangefarbenen Buchstaben steht da: „Altstadtrundgang“. Das hört sich doch gut an. Ich folge dem Pfeil auf dem Schild, und in den nächsten anderthalb Stunden erfahre ich einige historische Fakten über Kempen und sehe nicht nur die ehemalige kurkölnische Landesburg, errichtet 1396-1400, sondern auch die Turmmühle, das Kuhtor und die Alte Schulstraße. Besonders beeindruckt bin ich von der Alten Schulstraße: Die teilweise etwas schiefen kleinen Fachwerkhäuschen mit den Blumenkästen vor den winzigen Fenstern und den Holzbänken vor den Haustüren sehen aus wie aus dem Bilderbuch.

Mit Hilfe der „Altstadtrundgang“-Schilder lässt sich die Innenstadt gut erkunden. Man muss aber ganz genau auf die Schilder achten. Sie sind sehr klein und lassen sich leicht übersehen. Doch nach dem Rundgang stelle ich fest: Mein Gefühl am Bahnhof hat sich bestätigt: Kempen ist eine sehr schöne kleine Stadt – und einen Ausflug wert. Die Stadt hat Charme, ist klein und persönlich. Um ein bisschen über die Geschichte zu erfahren, durch die Stadt zu bummeln und gemütlich eine Pause in einem netten Café einzulegen, eignet sich Kempen
wunderbar.

Um herauszufinden, wie gut die Kempener Altstadt für Ausflügler ausgeschildert ist, startete Autorin Franziska Aengenendt ihren Rundgang am Bahnhof und erkundete von dort aus für diesen Beitrag die Innenstadt.

(RP)