70 Jahre Menschenrechte Kunst für ein besseres Miteinander
Kempen · Schüler und Amnesty International stellten im Rathaus eine Aktion für die Menschenrechte vor.
„Und auch die Gastarbeiterpest / Der letzte Rest vom Menschenrest / Die sollt man alle das tät gut / Spießruten laufen lassen bis aufs Blut.“ Diese Zeilen stammen aus Hanns-Dieter Hüschs Werk „Phänomen“. Und obwohl der Text viele Jahre alt ist, ist der Befund über die Gedanken vieler Mitbürger erschreckend aktuell.
Wohl auch aus diesem Grund las die Künstlerin Ute Bernstein das Gedicht am Montagmittag im Foyer des Kempener Rathauses vor. Die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte durch die Vereinten Nationen vor 70 Jahren brachte eine höchst vielfältige Gruppe zusammen. Bürgermeister Volker Rübo hatte Vertreter der Menschenrechtsorganisation Amnesty Interantional sowie Schüler des Thomaeums, des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums (LvD) und der Liebfrauenschule Mülhausen zu Gast.
Schüler fordern Achtung
der Religionsfreiheit
Im Sommer hatte die Kempen-Nettetaler Amnesty-Gruppe Aufsteller an die Schulen verteilt. Auf einer Seite stehen die einzelnen Artikel der Menschenrechte. Die andere Seite sollten die Schüler gestalten. Die Jugendlichen präsentierten im Rathaus vielfältige Ideen. Auf einer Tafel reichen sich ein schwarzes und ein weißes Kind die Hand. Auf einer anderen sind viele bunte Handabdrücke zu sehen. Einige Schüler erklärten dem Publikum ihre Kunst. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass die Religionsfreiheit ein wichtiges Thema ist“, sagte Schülerin Lena vom LVD. Die Gruppe der 16-Jährigen hat daher eine Friedenstaube gestaltet, die an einem Seil die Symbole der Religionen – Halbmond, Davidstern und Kreuz – trägt. Lenas Mitschüler August wünscht sich, dass die Menschenrechte international wieder mehr Gewicht bekommen. Seine Gruppe hat unter anderem ein großes Stoppschild mit der Aufschrift „Sklaverei“ gemalt. Die Kempener können die Aufsteller in den nächsten Wochen noch würdigen. Einige nutzt das Luise-von-Duesberg-Gymnasium. Andere werden in das Atelier der Künstlerin Edith Stefelmanns gebracht.
Bürgermeister Rübo lobte das Engagement der Schüler und appellierte an ihre Verantwortung: „Macht den Mund auf, wenn ihr seht, dass die Welt ungerecht ist.“ Er freue sich über 70 Jahre Menschenrechte, aber es sei „schön, wenn wir noch fröhlicher sein könnten“.
Amnesty International hofft
auf die jungen Menschen
Rübo erinnerte unter anderem an Kinderarbeit und Verstöße gegen die Meinungsfreiheit, die auch heute noch aktuell seien. Vielen sei dabei gar nicht bewusst, dass sie für manche Probleme mitverantwortlich seien. „Wir verbrauchen in Deutschland Ressourcen, die anderen Menschen fehlen“, sagte Rübo.
Ingrid Schmale von Amnesty International teilte den Appell des Bürgermeisters. „Auf die jungen Menschen kommt es an“, sagte sie. Es sei viel zu tun. Zuweilen sei der Kampf für die Menschenrechte wie der Kampf gegen Windmühlenflügel. Doch jeder einzelne könne etwas tun. „Menschenrechte sind ein Geburtsgeschenk“, sagte Schmale. Dieses Geschenk stelle Anforderungen. Jeder müsse bei der Entfaltung seiner Persönlichkeit die Rechte anderer achten. Etwas Nachdenklich stellte sie fest: „Der Kampf für die Menschenrechte ist nicht selbstverständlich.“ Doch das Engagement der Schüler zeigt: So schwer kann es eigentlich nicht sein. Wenn sich alle an ein paar Regeln halten und sich füreinander einsetzen, könnte das Zusammenleben so viel einfacher sein. Künstlerin Bernstein sagte es mit Hüsch: „Lasst keinen kommen der da sagt / Dass ihm dein Spielfreund nicht behagt / Dann stellt euch vor das Türkenkind / dass ihm kein Leids und Tränen sind.“