Kinder über den Annenhof: „Ich habe hier viel gelernt“
Kinder berichten in der WZ von ihrer Aufnahme im Haus an der Oelstraße.
Kempen. John war neun Jahre alt, als er zum ersten Mal den Annenhof betrat. Zusammen mit seiner Mutter, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht ausreichend kümmern konnte, und dem Jugendamt hatte der heute 15-Jährige entschieden, dass es wohl am besten ist, wenn er in ein Kinderheim zieht.
„Ich kam an einem Freitag und schaute mir den Annenhof an“, sagt der Krefelder. „Die Erzieher zeigten mir die Gruppe, wo ich leben würde, und stellten mir einen gleichaltrigen Jungen vor, mit dem ich dann ein wenig Lego spielte.“ Dann ging John wieder nach Hause, packte seine Tasche und zog montags im Annenhof ein.
Sechs Jahre später lebt er immer noch dort. Er hat in Kempen seinen Lebensmittelpunkt, geht dort zur Schule und hat in der Thomasstadt seine Freunde. „So wie bei John wünschen wir uns die Aufnahme bei jeden Kind“, sagt Annenhof-Leiter Herbert Knops.
Wenn ein Kind jedoch in akuter Gefahr ist und schnell einen Platz im Heim benötigt, gibt es keinen Kennenlerntag. So war es bei Vanessa (11, Name geändert). Auch sie lebt nun seit sechs Jahren in der Don-Bosco-Gruppe.
Sie und ihre drei Geschwister wurden vom Jugendamt zum Annenhof gebracht. „Sie haben uns gesagt, wir machen einen Ausflug“, sagt Vanessa, die damals fünf Jahre alt und zu Hause in großer Gefahr war. „Der Ausflug dauert jetzt sechs Jahre.“
Eine Tasche mit persönlichen Dingen packen, wie John, konnte Vanessa nicht. Im Annenhof sagte man ihr dann, dass sie jetzt dort leben würde. „Ich habe nur geheult“, erinnert sich die Elfjährige.
„Wie bei Vanessa sollte es wenn möglich nicht laufen“, sagt Knops. Martina van Elten, Leiterin der Don-Bosco-Gruppe, beschreibt den normalen Ablauf: „Bevor das Jugendamt sich entscheidet, ein Kind in einem Heim unterzubringen, wurden der Familie bereits viele unterstützende Angebote gemacht. Wenn das alles nicht dazu führt, dass das Kind in der Familie geschützt leben kann, erarbeitet das Jugendamt mit den Eltern wenn möglich die Aufnahme in ein Kinderheim.“
Heute haben John und Vanessa den Annenhof als ihr Zuhause akzeptiert, sehen die Erzieher als Ersatzeltern. Sie wohnen in ihren eigenen Zimmern, die kürzlich modernisiert wurden. Die neue Einrichtung durften sie mitaussuchen.
Die Wohngruppen, in denen neun Kinder leben, sind hell und freundlich gestaltet. Es gibt eine Wohnküche, wo sich alle zu den Mahlzeiten treffen und ein Wohnzimmer, das sich von dem einer „normalen“ Familie nicht unterscheidet. „Wir bemühen uns, den Kindern deutlich zu machen, dass es keine Strafe ist, hier zu leben“, sagt Knops
„Ich habe hier viel gelernt“, sagt John. „Ich bin selbstständiger geworden, weil wir hier auch gewisse Dienste übernehmen müssen.“ Auch Vanessa weiß, dass sie wahrscheinlich hier leben wird, bis sie volljährig ist. „Mittlerweile gefällt es mir hier“, sagt sie.