Kempen „Kunstgeschichte im Außendienst“

Die Kempenerin Anna Pawlik ist im Erzbistum Köln als Konservatorin für etwa 1000 Gotteshäuser zuständig.

Foto: Robert Boecker

Kempen/Köln. Anna Pawlik kommt viel herum. Im vergangenen Jahr hat sie etwa 30 Kirchen und Kapellen im Erzbistum Köln besucht. Und das reicht vom Kreis Mettmann im Norden bis zur Eifel im Süden, vom Rhein-Erft Kreis im Westen bis zum Oberbergischen Kreis auf der anderen Seite der Karte. Sogar Teile von Rheinland-Pfalz unterstehen aus katholischer Sicht Köln. Die Grenzen zum Bistum Aachen verlaufen unter anderem auf Meerbuscher und Korschenbroicher Gebiet.

Für dieses Jahr peilt Anna Pawlik 50 Gotteshäuser an, also im Schnitt etwa eines pro Woche. Insgesamt ist die 34-Jährige für etwa 600 Kirchen und 400 Kapellen zuständig. Die promovierte Kunsthistorikerin mit Wurzeln in Kempen hat die Funktion der Konservatorin in der Stabsstelle des Erzdiözesanbaumeisters — nicht zu verwechseln mit dem Dombaumeister — inne. Ihr oberster Chef ist Rainer Maria Kardinal Woelki. Sie nennt ihre Arbeit „Kunstgeschichte im Außendienst“. Und fügt hinzu: „Es ist eine super Aufgabe.“

Kirche ist ein roter Faden in ihrem Leben. In Kempen geboren, wuchs sie in Kamperlings auf — „im erweiterten Schatten von St. Josef“, wie sie erzählt. „Ich war Messdienerin, Pfadfinderin und habe im Jugendchor gesungen.“ An der Liebfrauenschule in Mülhausen machte sie ihr Abitur. Dann folgte das Studium der Mittelalterlichen Geschichte, der Kunstgeschichte und Germanistik in Münster.

Ein Praktikum führte sie für einige Wochen zurück in die Heimat, ans Kramer-Museum unter der Leitung von Elisabeth Friese. Als studentische Hilfskraft und später als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie am Domschatz in Essen. In ihrer Promotion befasste sie sich mit Großskulpturen des 9. bis 11. Jahrhunderts — gemeint sind Kruzifixe und Madonnen.

Nach einer Tätigkeit am renommierten Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg trat sie Ende 2015 die Stelle beim Erzbistum Köln an. „Die Kunst, die mir täglich begegnet, befindet sich noch an den Orten, für sie vor zum Teil vielen hundert Jahren entstanden ist“, erklärt sie.

Typische Objekte, mit denen sich die Wahl-Kölnerin befasst, sind Kelche, Weihrauchfässer oder Messgewänder aus längst vergangenen Zeiten. Aber auch Altäre und Heiligenfiguren zählen dazu. Dinge also, die noch verwendet werden. Das ist der große Unterschied zwischen Kirche und Museum. „Bei aller Rücksicht auf die wertvollen Objekte geht es darum, dass sie in ihrer Funktion erhalten bleiben“, sagt die Fachfrau. Klar, dass sie das spektakuläre Wiederauftauchen der vor Jahrzehnten gestohlenen Holzschnitzarbeiten aus der Kempener Kirche St. Mariae Geburt (die WZ berichtete mehrfach) mit besonderem Interesse verfolgt hat.

Auf ihrer Kirchen-Liste stehen nicht nur bedeutende Gotteshäuser aus dem Mittelalter, wie etwa Groß St. Martin in Köln, St. Lambertus in Düsseldorf oder das Neusser Quirinus-Münster. „Für Kirchen, die in den 1960er-Jahren entstanden sind, bin ich genauso zuständig“, erklärt sie.

Die bekannteste Kirche fällt allerdings nicht in ihren Zuständigkeitsbereich: der Kölner Dom. Der ist Sache des Dombaumeisters und seines Teams.