Kempen Lange Suche nach dem Facharzt
Einen Termin bei einem Augenarzt zu bekommen, hat die St. Huberterin Henny Brod viele Nerven gekostet. Eine Termin-Servicestelle hilft dabei weiter.
Kempen/St. Hubert. Druck auf einem Auge und ein Schleier, der ihr das Sehen erschwert — Henny Brod aus St. Hubert macht sich Sorgen um ihre Gesundheit. Also versucht sie, bei einem von drei Kempener Augenärzten einen Termin zu bekommen. Da es sich aber um keinen akuten Fall handelt, erhält sie zweimal die Antwort, dass man keine neuen Patienten mehr aufnehme. Die dritte Praxis hatte geschlossen. Die 80-Jährige erinnert sich schließlich an einen Augenarzt in Krefeld, bei dem sie früher Patientin war. Aber da wird ihr erst für Juni ein Termin angeboten.
Henny Brod gibt nicht auf, versucht über ihre Krankenkasse, die Barmer, einen Termin zu bekommen. Die schickt ihr eine Liste mit 15 Augenärzten, die in einem Umkreis von zirka zehn Kilometern um Kempen praktizieren. Den entscheidenden Hinweis bekommt sie von ihrer Krankenkasse allerdings auch — den auf die Termin-Servicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Inzwischen ist Henny Brod so genervt, dass sie zuerst einmal aufgibt. „Ich muss zunächst mal wieder ’runterkommen von meinem Ärger“. So beschreibt sie auch noch Tage später ihren Gemütszustand.
Sie hätte noch einen Anruf machen sollen — eben den bei der Termin-Servicestelle. Das empfiehlt auch Christopher Schneider, stellvertretender Pressesprecher bei der KV Nordrhein. „Für Termine beim Augenarzt wie auch beim Frauenarzt brauchen die Patienten auch keine Überweisung“, sagt er. Das heißt, die Patienten können direkt bei der Servicestelle anrufen. Für die Terminvermittlung bei allen anderen Fachärzten brauchen Patienten hingegen eine Überweisung (meist durch den Hausarzt) mit einer sogenannten Dringlichkeitsfeststellung. Die KV verspricht, dass dann innerhalb einer Woche ein Termin vermittelt wird. Wenn die KV keinen Facharzt vermitteln kann, bietet sie dem Patienten einen Termin in der Ambulanz eines Krankenhauses an.
Die Wartezeit darf in „medizinisch dringenden Fällen“ maximal vier Wochen betragen. Das gilt allerdings nicht für Routineuntersuchungen und Bagatellerkrankungen, worunter die Erkrankung von Henny Brod nicht fällt. Termine bei Psychotherapeuten, Zahnärzten, Kieferorthopäden, Haus- sowie Kinder- und Jugendärzten vermittelt die Termin-Servicestelle übrigens nicht.
Wer die Servicestelle in Anspruch nimmt, hat keine „freie Auswahl“. „Die Patienten können sich weder den Arzt noch die Zeit oder den Ort aussuchen“, sagt Schneider. Je nach Facharzt müssen Fahrzeiten mit Bus und Bahn zwischen 45 und 60 Minuten in Kauf genommen werden.
Dass ein Facharzt keine neue Patienten mehr aufnimmt, hält Schneider im Übrigen für legitim. „Wenn die Kapazitäten erschöpft sind, liegt das im persönlichen Ermessen des jeweiligen Arztes. Das gilt aber nicht bei Notfällen“, sagt er.
Die Termin-Servicestelle der KV Nordrhein gibt es seit Januar 2016. Die bisherige Nutzung zeigt, dass sich die meisten Patienten ihren Arzt weiter selber suchen. „Im gesamten Rheinland gab es im vergangenen Jahr 10 000 Terminvermittlungen, aber 65 Millionen Behandlungsfälle.“ Augenärzte wurden lediglich 500 Mal vermittelt.
Henny Brod will in den nächsten Tagen noch einmal einen neuen Anlauf nehmen und versuchen, über die Servicestelle doch noch einen früheren Termin zu bekommen als den für Juni in Krefeld.