Oedt Leises Stück übers Altern und Demenz

„Du bist meine Mutter“ zeigt die veränderten Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, wenn Eltern mental und körperlich abbauen.

Foto: Frank Basil

Oedt. Es war komisch und traurig zugleich. Als Schauspielerin Gisela Nohl erst als Tochter über eine gehörige Portion Gelassenheit und Geduld verfügen musste. Kurz darauf schlüpfte sie in die Rolle der lebensmüden und zittrigen Mutter, die sich gerade auf der Spur des Vergessens befand. „Du bist meine Mutter“, hieß das Ein-Personen-Stück, das einst Joop Admiraal (1937 bis 2006) nach eigenen Erlebnissen geschrieben hatte und das etwa 120 größtenteils Frauen in der Oedter Albert-Mooren-Halle erlebten.

Mucksmäuschenstill war es bei der Inszenierung von Bernd Riese. Es war ein leises Stück über das Altern, die fortschreitende Demenz und über die dann völlig neuen Beziehungen zwischen den Familienangehörigen. Dabei war anfangs die Tochter eigentlich gut drauf. Sie bereitete sich auf der linken Seite der Bühne in ihrer Wohnung auf den sonntäglichen Besuch ihrer Mutter im Altenheim vor, schilderte sie als stets resolute Frau, nach deren Regeln früher das Zusammenleben in der elterlichen Familie im Großen und Ganzen funktionierte.

Auf der rechten Seite der Bühne sah man das Pflegebett und im ständigen Wechsel die alte Dame, die aufgrund eines Bruchs eines Hüftgelenkes nicht mehr so mobil war. Außerdem zitterten eine Hand und ihre Stimme. Es dauerte dann auch sehr lange, bis die Mutter für den kurzen Spaziergang draußen im Garten fertig war. „Warum soll ich denn die Jacke unbedingt anziehen, viel lieber ist mir die Strickjacke“, sagte sie zunächst. Kurze Zeit später überlegte sie es sich wieder anders. Es kam zu teilweise quälenden Dialogen beziehungsweise Monologen.

Manchmal hatte die Mutter aber noch gute und detaillierte Erinnerungen, vor allem an die weit zurückliegende Zeit. Verbunden mit vielen Aussetzern aus der jüngsten Vergangenheit, wie „Wo bin ich hier eigentlich?“ oder an ihre Tochter gewandt: „Woher kennen wir uns eigentlich, haben wir uns hier zufällig getroffen?“ Die Tochter musste mitspielen, auf das spontane Weinen der alten Dame genauso fürsorglich und verständnisvoll reagieren wie auf Details aus dem elterlichen Sexualleben. Jedenfalls hatte die Tochter der Besuch im Altenheim wieder mal nervlich sehr mitgenommen.

Gisela Nohl spielten die beiden Rollen sehr authentisch. Das lag vielleicht auch daran, dass ihre Mutter ebenfalls an Demenz erkrankt und vor einiger Zeit während einer Probe für dieses Theaterstück verstorben war.

Hinterher saßen und standen einige Grüppchen noch einige Zeit in der Albert-Mooren-Halle zusammen. Vorher hatte es im Foyer Kaffee und Kuchen gegeben. Dort fanden die Besucher noch danach einige Anregungen und Hilfestellungen. Nicole Geitner informierte über das Netzwerk „Lokale Allianz für Demenz“ und über ein künstlerisches Angebot jeden dritten Mittwoch im Monat, von 10.30 bis 11.30 Uhr, im Altenzentrum, Oststraße 9, wo gemalt und gebastelt wird.