Literatur-Versorgung: Sorge um das gute alte Buch
Nach dem Wegfall des Bücherbusses 2008 müssen die Kempener Dörfer größere Anstrengungen machen.
St. Hubert/Tönisberg. "Unsere Familie ist im Bücherbus Stammkunde. Es gibt Tage, da kommt man in den Bus nicht mehr rein, weil dort zu viele Leseratten sind." Das sagt der St. Huberter Klaus Hegmanns vor dem Hintergrund, dass die rollende Bibliothek des Kreises Viersen ein Auslaufmodell ist und spätestens 2008 in "Rente" geschickt wird - die WZ berichtete ausführlich. Anlass für die WZ, sich in den Kempener Stadtteilen einmal umzuhören, wie es dort um die Buchversorgung bestellt ist.
Seitens der katholischen Pfarrgemeinde St. Hubertus ist die Bücherei bereits vor Jahren aufgelöst worden. Nicht viel anders sieht’s bei der evangelischen Kirche aus: Seit dem Umbau des Gemeindezentrums an der Martin-Luther-Straße gibt es keine Bücherei mehr. "Die vorhandenen Bücher wurden gegen Spenden abgegeben bzw. nach Bethel zur Verwertung", erläutert Achim Rothe.
Das Pflänzlein Literatur wird noch von zwei Zirkeln gegossen: Alle vier Wochen treffen sich im Rudolph-Haus im Rahmen von "Zwar" (Zwischen Arbeit und Ruhestand) dienstags 18 Frauen und drei Männer zur Besprechung eines Buches. "Es können auch sechs Wochen sein, wenn das Buch besonders dick ist", sagt Leiter Rainer Helfenbein. Das ausgewählte Werk wird im Buchhandel bestellt.
Der Frauentreff der evangelischen Kirche trifft sich am ersten Mittwoch im Monat im Gemeindezentrum. "Die Frauen stellen Neuerscheinungen und ihre aktuelle Lieblings-Lektüre vor und leihen sich gegenseitig Bücher aus", sagt Angelika Hinckers.
Um die Fahrbücherei zu retten, hatte der aus St. Hubert stammende SPD-Fraktions-Vorsitzende Udo Schiefner vorgeschlagen, den Bus an einen freien Träger zu übergeben. "Beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt", so Schiefner.
Für Tönisberg, den nordöstlichen Stadtteil, sind die Bücherbus-Haltestellen 2007 gestrichen worden. Das heißt, weder auf dem Wartsberg noch im Dorf profitieren die Berger von dem Service. Dabei sind sie am weitesten von der Kreis- und Stadtbibliothek im Kempener Franziskanerkloster entfernt: zwölf Kilometer.
Nach Auskunft von Sigrid Meyer-Süsterhenn, der Leiterin dieser Bliothek, wurde der Bücherbus in Tönisberg schlecht angenommen: "Zuletzt kamen zum Wartsberg nur noch zwei bis drei Ältere und drei bis vier Kinder." Die Haltestelle im Dorf sei bereits vor Jahren aufgelöst worden.
In Tönisberg gibt es noch die Katholische Bücherei an der Rheinstraße 5, die 2500 Medien (Bücher, CD, Kassetten, Hörbücher, Spiele) kostenlos bereithält. Demnächst kommen Zeitschriften dazu, die Buchliste ist aktuell.
Für kleine Bücherwürmer halten die Hobby-Bibliothekarinnen Karin Büsch, Rita Rögels, Conny Vogel und Daniela Schickel eine Vielzahl von Kinderbüchern bereit.
Auf Klassiker spezialisiert ist der Literaturkreis. In diesem Zirkel haben sich die gut zwei Dutzend Mitglieder mit Hesse, Schiller, Heine etc. auseinandergesetzt. Meist werden die Bücher gekauft. Und soll doch mal ein ausgefallener Titel entliehen werden, dann fährt man wie Mitglied Annelene Kühnemund nach Neukirchen-Vluyn, Kempen oder Krefeld.