Musica antica e viva Ensemble spielt südamerikanische Rhythmen

Kempen. · „Los Temperamentos“ mischten in der Paterskirche barocke Klänge aus Europa und Lateinamerika.

Mit einem Wechselspiel von leisen und temperamentvollen Tönen überzeugten die Musiker von „Los Temperamentos“ das Publikum.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Ganz leise hat das Konzert des Musik-Ensembles „Los Temperamentos“ in der Kempener Paterskirche begonnen. Während die Sängerin, die beiden Geigerinnen, der Cellist und die Cembalistin auf dem Podium Platz nahmen, zauberten der Flötist und der Lautenist feinste Töne in die nur durch zwei mit Kerzen bestückten Kronleuchter erhellte Paterskirche. In langsam sich steigernder Lautstärke musizierend, gingen die beiden Instrumentalisten rechts und links an den voll besetzten Stuhlreihen vorbei, bis sie – im Altarraum angekommen – nach und nach ihre Kollegen zum Mitspielen animierten. Ein stimmungsvoller Beginn, der die Besucher sofort für das international besetzte Ensemble einnahm.

Im Jahr 2009 gründeten Absolventen der Hochschule der Künste Bremen „Los Temperamentos“, und da sie aus verschiedenen Ländern Europas und Lateinamerikas stammen, lag von Anfang an der Fokus auf der Musik des 17.und 18. Jahrhunderts – vornehmlich der aus Südamerika. Die Musiker setzen sich daher in besonderer Weise mit den interkontinentalen Beziehungen auseinander, die zwischen den Kulturen dieser Kontinente existieren.

Inzwischen treten die mit vollem Einsatz und durch stupende Instrumentenbeherrschung beziehungsweise bestens ausgebildete Stimmen überzeugenden Künstler bei namhaften Festivals und in ersten Konzertsälen auf, beispielsweise beim „Monteverdi Festival Cremona“, den „Meraner Festwochen“ oder dem „Festival de Musica Sacra Quito“ (­Ecuador).

Swantje Tams Freier nennt nicht nur einen beweglichen, silbrigen und höhensicheren Sopran ihr Eigen – sie fesselte in der Kempener Paterskirche auch immer wieder mit ihrer erfrischend natürlichen Gestaltung. Felipe M. Egana beherrscht die normale Traversflöte ebenso sicher und virtuos wie deren kleine Schwester, die Piccolo-Traversflöte. Mit rundem Ton und einschmeichelnden Soli faszinierten die Barock-Violinistinnen Tomoe Badiarova und Eloisa Paz. Facettenreiche Farbgebung erreichte Néstor Fabián Cortés Garzón auf seinem edlen Barockcello, und Hugo Miguel de Rodas Sanchez spielte – wenn nötig mit entfesseltem Temperament –Erzlaute, Barockgitarre und diverse Schlaginstrumente. Als großartige Künstlerin am Cembalo zeigte sich Nadine Remmert, die außerdem mehrmals, wenn vokale Zweistimmigkeit gefordert war, während des Cembalo-Spielens im Verein mit ihrer Soprankollegin ihren warm getönten Mezzo erklingen ließ.

Die Urheberschaft vieler
Lieder ist unbekannt

„Navidad Indigena“ war das umfangreiche Programm überschrieben. Benedetto Giacomo Marcello (1686-1739) war mit einer Flötensonate und einer „Ciaccona“ vertreten, Domenico Scarlatti (1685-1757) mit einer Sonata, Domenico Zipoli (1688-1726) mit einer dreiteiligen liturgischen Komposition und Tarquinio Merula (1595-1655) mit einem Wiegenlied. Beim überwiegenden Teil des Programms – meist Musik aus Peru und Bolivien – ist die Urheberschaft unbekannt, beispielsweise bei den „Cachuas“, bei denen im Zuge der Christianisierung auch für das Fest der Geburt Christi Lieder und Tänze entstanden, deren westlich-religiöse Texte mit Rhythmen und Harmonien der indigenen Bevölkerung unterlegt sind. Diese manchmal besinnlichen, dann wieder äußerst belebten Gesänge sind mal eingängig, dann mitreißend, und die vorbildlich miteinander harmonierenden Interpreten legten alle Empfindungen in diese Tonschöpfungen.

Das Publikum reagierte enthusiastisch, auch wenn es den Inhalt nur erahnen konnte. Denn selbstverständlich wurde in der Originalsprache gesungen, und die Erklärungen, die der Lautenist gab, waren bereits in der Mitte des Sakralraumes kaum noch zu verstehen. Doch das tat der Begeisterung des Auditoriums keinen Abbruch, und die Gäste gewährten gerne noch eine Zugabe.