Mit Arm im Ofen ein Vaterunser beten
Im Freilichtmuseum Dorenburg wird Backen zum Erlebnis. Dort zeigt Hardy Kreutschmann, wie man im Steinofen backt und gibt Tipps, die nicht nur nützlich, sondern auch zum Schmunzeln sind.
Grefrath. Kaum hat Hardy Kreutschmann den Deckel von der weißen Kunststoffbox abgezogen, da strömt ein würziger Geruch durch den Raum in der Hofanlage Waldniel des Niederrheinischen Freilichtmuseums. „So muss Sauerteig riechen. Wenn er intensiv stechend riecht, hat sich Buttersäure gebildet. Das heißt, man kann den Sauerteig dann nicht mehr benutzen“, erläutert der Grefrather Bäckermeister und lässt die Box bei seinen acht Teilnehmern des Backseminars rundgehen. Von fein milchig bis gut riechend reichen die Kommentare der sechs Frauen und zwei Männer, die sich um den großen Arbeitstisch eingefunden haben.
Mit dem bereits vor drei Tagen vom Bäckermeister angesetzten Sauerteig geht es gleich backtechnisch weiter, doch zuvor setzen die Teilnehmer einen eigenen Sauerteig an. „So kann man einmal die Unterschiede in Geruch und Farbe feststellen“, sagt Kreutsch—mann.
In einer der Schütten hat er bereits Roggenmehl, Salz und etwas Kümmel vorbereitet. „Kümmel ist quasi eine Sauerteigpolizei. Er hemmt die Milch- und Essigsäurebakterien und sorgt zudem noch für eine schöne geschmackliche Abrundung“, erklärt Kreutschmann. Der Bäckermeister erklärt genau, worauf es ankommt und geht insbesondere auf das Salzverhältnis ein, dass pro Kilogramm Mehl zwei bis drei Prozent betragen sollte. Zu viel Salz verdirbt den Geschmack, zu wenig lässt den Teig weich werden. „Salz wirkt kleberstärkend“, informiert Kretschmann über die Bedeutung des Gewürzes beim Backen, während er die Zutaten für den Sauerteig in die große Knetmaschine gibt.
Nach etlichen Bewegungen des Armes in der Maschine ist das Ergebnis eine feste Masse in einem graubraunen Farbton, die neutral riecht. Kein Vergleich zu der fertig gegorenen Variante. „Kann man direkt mit frisch gemahlenem Mehl backen?“, möchte Horst Filipzek wissen, der mit seiner Frau Irene das Backseminar besucht. Ein Kopfschütteln vom Fachmann. Frisches Mehl bereite Schwierigkeiten in der Verarbeitung, besser sei die Nutzung von abgelagertem.
Was es mit der Kleberprobe auf sich hat, um welche Getreidesorten es sich bei Emmer und Einkorn handelt, warum Roggenmehl für eine gute Haltbarkeit des Brotes sorgt — der Bäckermeister lässt die Teilnehmer an seinem breiten Wissen teilhaben und hat etliche Backtipps auf Lager. Während Teig um Teig angesetzt wird, vermehrt sich das Wissen der Teilnehmer.
„Ich finde Backen einfach schön und möchte mehr lernen, als nur ein Brot im Backautomaten herzustellen“, sagt Gabi Ortmann, die direkt ihre Freundin und Schwester mitgenommen hat. Wobei Christina Esser und Anke Hoffmann nicht minder begeistert sind.
Ulrich Berten, der selbst viel backt, interessiert besonders das Backen im Steinbackofen. Der Ofen im historischen Backhaus auf dem Gelände des Freilichtmuseums ist inzwischen angeheizt. „Es ist schwierig festzustellen, ob die Hitze im Ofen optimal ist. Eine alte Regel besagt, wenn man den Arm in den Ofen hält, ein Vaterunser betet, den Arm herauszieht und auf angeflämmte Haare blickt, dann ist die Temperatur richtig“, sagt Kreutschmann. Ein Tipp, der bei allen Teilnehmern herzliches Lachen auslöst. In dem alten Steinofen fehlt der Dampf, das heißt, es gibt keine feuchte Backatmosphäre. Ist der Teig nicht optimal vorbereitet, so reißt das Brot an der Kruste auf. „Wir haben unseren Teig daher etwas weicher gemacht, so kann er nicht so schnell wegreißen“, erklärt der Bäckermeister. Für alle wird es spannend, als die Brote in dem altertümlichen Ofen hinter der Klappe verschwinden. Backen auf diese Art ist schon anders und ein einmaliges Erlebnis.