Neue Modelle für die Konten

Die Volksbank sieht sich für anstehende Herausforderungen gut gerüstet. Wohl ab 1. August soll jeder Kunde ein für sich passendes Konto wählen können.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Die Überschrift der Jahresbilanz ist selbstbewusst gewählt: „Mehr Vertrauen, mehr Mitglieder“ — so sieht der Vorstand der Volksbank Kempen-Grefrath die Entwicklung des Kreditinstituts im Jahr 2017. Der Vorstandsvorsitzende Josef Stieger verweist auf ein gesundes Wachstum bei den Einlagen und Krediten, der Gewinn bewege sich auf Vorjahresniveau. Und dies, obwohl der Aufwand für Digitalisierung und Bürokratie gestiegen sei — und Mario Draghi als Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) weiter für steigende Negativzinsen sorge. Mit seiner Null-Zins-Politik „enteignet er den deutschen Sparer“, ärgert sich Josef Stieger.

Die Bilanzsumme der Volksbank Kempen-Grefrath wurde von 355 auf 365 Millionen Euro gesteigert. Allein die auf Girokonten angelegten Gelder verzeichneten ein Plus von rund 20 Prozent. Insgesamt wuchsen die Einlagen um knapp acht Prozent auf 290 Millionen Euro. Was für die Volksbank aber auch eine Herausforderung ist. „Es fällt uns schwerer, Kundengelder anzulegen“, so Stieger mit Verweis auf die niedrigen Zinsen.

Diese wirken sich erstmals auf die Kostenstruktur der Volksbank aus: Die Negativzinsen, die an die Zentralbank gezahlt werden müssen, werden seit dem 1. Januar an Kunden weitergegeben. Davon betroffen sind aber nur Firmenkunden, die mehr als 500 000 Euro auf täglich fälligen Tagesgeldkonten liegen haben. Was den Kreis der Betroffenen überschaubar macht. Auch an anderer Kosten-Stelle kündigt die Volksbank Veränderungen an: 15 Jahre lang habe man die steigenden Löhne und Rechenzentrumskosten mit dem Zinsgeschäft auffangen können. Das sei nun nicht länger möglich. „Wir werden deshalb in den kommenden Monaten neue Kontenmodelle erarbeiten“, sagt Josef Stieger. Jeder Kunde werde künftig sein passendes Konto wählen können. Mehr zahlen muss derjenige, der bei seinen Bankgeschäften einen größeren Aufwand verursacht, weniger zahlt, wer etwa beim Online-Banking ohne Hilfe auskommt. Wahrscheinlich zum 1. August soll dies umgesetzt werden.

Das Kreditgeschäft floriert bei der Volksbank weiter. 46 Millionen Euro wurden im Jahr 2017 neu ausgeliehen. Mit diesem Rekordneugeschäft seien die weiterhin hohen Sondertilgungen durch Kunden mehr als ausgeglichen worden. Der Großteil der Gelder ging dabei an den heimischen Mittelstand. Rund 40 Prozent flossen in die Immobilienfinanzierung. Insgesamt hat die Volksbank jetzt 193 Millionen Euro an ihre Mitglieder und Kunden ausgeliehen (plus drei Prozent).

Um 16 Prozent gewachsen ist das in Fonds und Aktien angelegte Kunden- und Mitglieder-Vermögen. In der Gesamtsumme sind jetzt 103 Millionen Euro investiert. Diese positive Entwicklung führt Vorstandsmitglied Helmut Thönes vor allem auf die gute genossenschaftliche Beratung zurück: „Bei uns bekommt jeder nur die Finanzprodukte angeboten, die zu ihm passen.“ Durch eine Kundenbefragung, bei der Noten vergeben werden konnten, habe man die Zufriedenheit noch steigern können.

Stieger und Thönes sehen die Volksbank Kempen-Grefrath „ohne Wenn und Aber“ gerüstet für die anstehenden Herausforderungen. „Unser Erfolg beruht auf unserem guten Namen, unseren engagierten Mitarbeitern sowie einer intensiven Kundenbetreuung“, betont Stieger. Eine Fusion, wie sie andere Volksbanken längst hinter sich haben, komme für ihn und sein Team deshalb auch nicht in Frage. „Warum sollte man solch eine Perle in ein anderes Haus geben?“, fragt er — und das klingt wieder sehr selbstbewusst.