Neue Varianten im Schulstreit
In der Diskussion um Fröbel- und Lindgren-Schule überraschte die Stadt mit Ideen. 150 Eltern und Kinder sorgten für einen emotionalen Abend.
Kempen. Für den neuen Beigeordneten Michael Klee war der Schulausschuss am Montagabend die „Feuertaufe“ (Josef Lamozik/CDU). Und die hatte es in sich: Auf der Tagesordnung stand das Thema „Zukunft der Schulorganisation im Kempener Norden“ und etwa 150 Eltern und Kinder von Friedrich-Fröbel- und Astrid-Lindgren-Schule zwängten sich in den überfüllten Ratssaal.
Zur Erklärung: Die Fröbel-Schule hat zu wenige Schüler und steht vor dem Aus. Jetzt stellen sich einige Fragen — zum Beispiel: Bleibt die katholische Lindgren-Schule in ihrer Form als Bekenntnisschule bestehen? Oder wird eine neue Gemeinschaftsgrundschule (GGS) gebildet?
So lauteten jedenfalls die bisherigen Varianten, die die Verwaltung ins Spiel gebracht hatte. Am Montagabend überraschte der Beigeordnete Klee die Fraktionen mit einer neuen Tischvorlage, in der nun vier Varianten stehen.
Variante A: Beide Grundschulen im Norden werden aufgelöst. Danach gibt es ein Bestimmungsverfahren, in dem alle Eltern von Kindern aus Kempen-Nord- und Süd sowie aus St. Hubert befragt werden, deren Kinder die Klassen 1 bis 3 besuchen. Hinzu kommen die Eltern, deren Nachwuchs 2013 eingeschult wird. Die Eltern entscheiden, welche Ausrichtung eine neu zu gründende Schule bekommt. Diese Variante befürworten die Fröbel-Eltern.
Variante B: Die Fröbel-Schule, die im Vergleich zur Lindgren-Schule die geringeren Anmeldezahlen hat, wird aufgelöst. Übrig bleibt die katholische Lindgren-Schule als einzige im Norden (u.a. Hagelkreuz-Viertel). Diese Variante wird von der Verwaltung und von den Eltern der Lindgren-Schule favorisiert, weil die Schule stabile Anmeldezahlen aufweist.
Variante C (neu): Es wird ein Grundschul-Verbund aus beiden Schulen eingerichtet. Diesen Antrag stellten die Freien Wähler Kempen (FWK). So eine Schule besteht aus einem Haupt- und einem Teilstandort. Dieser Verbund aus einer konfessionellen Bekenntnisschule und einer GGS ist nach einer Neuregelung des Schulgesetzes möglich.
Variante D (neu): Die Fröbel-Schule wird eine Dependance der Regenbogenschule (GGS) im Kempener Süden. Dieser Vorschlag wurde der Verwaltung von der Eltern-Vertretung der Fröbel-Schule gemacht. Bei dieser Dependance-Lösung handelt es sich um eine befristete Lösung („laut Leitfaden der Bezirksregierung zunächst auf drei Jahre“).
Die überraschenden Vorschläge brachten die Fraktion der Grünen zu dem Antrag, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Dadurch hätte sich eine „völlig neue Situation ergeben“.
Der Antrag wurde abgelehnt und eine Fragestunde mit den 150 Anwesenden eröffnet. Mehr als zwei Stunden stellten sich Beigeordneter Klee und Schulrätin Rosemarie Voßen den Fragen der Besucher in einer äußerst emotionalen Diskussion. Vertreter beider Schulen kämpften für ihre Ansichten.
„Diese Emotionalität ist verständlich. Ich möchte aber um eine sachliche und zielorientierte Diskussion bitten“, sagte Voßen. „Es muss vor allem darum gehen, die Gemeinsamkeiten der beiden Schulen herauszuarbeiten.“ Es dürfe kein „Lindgren gegen Fröbel“ geben. Passenderweise rutsche Michael Klee kurz danach ein Versprecher heraus: „Astrid-Fröbel-Schule“ sorgte für Erheiterung.
Für Erregung sorgte der Vorschlag der Verwaltung, dass Eltern aus dem Norden, die ihre Kinder nicht auf eine katholische Schule schicken möchten, auch die Möglichkeit haben, die Kinder mit dem Bus zur St. Huberter GGS befördern zu lassen.
„Es ist wohl kein Beitrag zur Integration, wenn Kinder aus dem Norden mit dem Bus nach St. Hubert fahren“, sagte Monika Böttges, Leiterin der GGS in St. Hubert. Mathias Herwix (Stadt-Schülervertreutng) meinte, dass es Grundschulkindern nicht zuzumuten sei, 20 Minuten mit dem Bus zu fahren. Dies solle die Stadt berücksichtigen.
Um kurz vor 21 Uhr — drei Stunden nach Sitzungsbeginn — wurde der Beschlussvorschlag der Verwaltung den Fraktionen zur Abstimmung gestellt — sinngemäß: Der Schulausschuss beauftragt die Verwaltung bis zur nächsten Sitzung (27. August), alle vier Varianten auf rechtliche und organisatorische Machbarkeit hin zu prüfen.
Durch die Stimmen von CDU und FDP bekam der Beschluss zwar eine Mehrheit. SPD, Grüne und FWK nahmen allerdings nicht an der Abstimmung teil — mit dem Hinweis auf die zu kurzfristige Tischvorlage und formale Fehler.