Neuer Chef für die Früh-Reha
Dr. Matthias Kraemer führt seit Mittwoch die Abteilung mit 30 Betten. Er war zuvor in Meerbusch und Köln tätig.
Kempen. Herr T. fühlt sich geistig und körperlich fit. Jeden Morgen läuft der 68-Jährige eine Runde um den Block, außerdem geht er regelmäßig schwimmen. Eine weitere Leidenschaft ist das Lesen. Kein Abend vergeht, an dem Herr T. nicht zu einem Buch auf seinem Nachttisch greift. Doch plötzlich ist das alles vorbei: Der 68-Jährige hat einen Schlaganfall erlitten. Er ist rechtsseitig gelähmt, die Bewegungsfähigkeit massiv eingeschränkt. Außerdem hat er mit Sprachproblemen und Schluckstörungen zu kämpfen.
Der geschilderte Fall ist fiktiv, doch Dr. Matthias Kraemer hat täglich mit realen Menschen zu tun, die an solchen oder ähnlichen Folgen eines Schlaganfalls leiden. Der Neurologe verstärkt seit Mittwoch in der Position des Chefarztes die Abteilung für Frührehabilitation im Hospital zum Heiligen Geist. Die Führung hatte zuletzt Oberarzt Dr. Marcus Schaufenberg. Der frühere Chefarzt, Dr. Franz-Xaver Hierl, hatte bereits Mitte 2013 das Haus verlassen.
Der neue Chef steht der Abteilung mit 30 Betten, acht Ärzten, rund 30 Pflegekräften und mehr als zehn Therapeuten vor. Nach Angaben des Hospital-Betreibers Artemed gibt es eine Versorgung dieser Art in der Region sonst nur noch in Meerbusch.
„Das Kempener Konzept hat mich von Anfang an begeistert“, sagt Kraemer. Dort werde die gesamte Rehabilitationskette abgebildet, von der Früh- bis hin zur ambulanten Reha. „Natürlich möchte ich dieses Konzept beibehalten, wobei weiterhin die Behandlung von Schlaganfallpatienten den Schwerpunkt bilden wird“, so der 50-Jährige. Aber auch Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Parkinson gehören zum Aufgabengebiet.
Die Schlaganfallpatienten werden nach drei bis vier Tagen intensivmedizinischer Behandlung — etwa in Krefeld und Mönchengladbach — nach Kempen verlegt. Das erklärte Ziel sei, die Schwerkranken wieder so „fit“ zu machen, dass im Anschluss eine klassische Therapie möglich sei. Fünf Stunden Arbeit mit dem Patienten inklusive einer speziellen Pflege sind im Rahmen der frühen Reha pro Tag vorgesehen. In der Regel sind die Betroffenen dafür vier bis sechs Wochen im Hospital.
Die Experten in Kempen bauen auf ein „modulares individuelles Konzept“. Dieses ermögliche, „dass die Patienten nicht über einen Kamm geschoren werden“, wie es der neue Chefarzt ausdrückt. „Stattdessen können die Maßnahmen genau auf den individuellen Bedarf des einzelnen Patienten ausgerichtet werden.“ So stelle sich am Anfang die Frage, welches Problem direkt und verstärkt angegangen werden soll: Will der Patient so schnell wie möglich wieder laufen können, oder ist ihm zunächst vor allem daran gelegen, das Lesen erneut zu lernen?