Neues Archiv: Ein Nachteil, aber viele Vorteile für Kempen
Kreisarchivar Michael Habersack erläuterte im Kulturausschuss die künftige Arbeitsweise im Neubau in Dülken.
Kempen. Eine leichte Entscheidung war das nicht. Nachdem der Kreis Viersen beschlossen hatte, sein Kreisarchiv in einem Neubau in Dülken unterzubringen, entschied sich die Kempener Politik mit Blick auf die Kosten mehrheitlich, dass man kein eigenes Stadtarchiv bauen will. Das Kempener Archivgut wandert mit nach Dülken, wenn die Unterlagen 2020 die Burg verlassen. Nur die SPD stimmte in der Ratssitzung gegen diesen Vorschlag der Stadtverwaltung. Nun gilt es nach vorne zu blicken. Wie geht die Archivarbeit in Zukunft weiter? Um darüber zu sprechen, war Kreisarchivar Michael Habersack zu Gast im Kempener Kulturausschuss und stellte sich den Fragen.
Seit Juli ist der promovierte Landesarchivrat für das Kreisarchiv tätig und hat die Nachfolge des inzwischen in den Ruhestand getretenen Gerhard Rehm angetreten. Für Habersack, der zuvor Referent in der Archivberatung beim Landschaftsverband Rheinland war, sei das Stellenangebot aus dem Kreis Viersen besonders verlockend gewesen, weil sich der Neubau abzeichnete und er die Möglichkeit habe, die funktionalen Abläufe eines Archives zu gestalten.
Das neue Archiv wird ein Gebäude mit fensterlosem Kubus in der Mitte, um den herum Räume für Büros, Lesesaal und Vortragsräume, Platz für Heimatvereine und Bibliothek, Bereiche für Anlieferung, Quarantäne, Reinigung und Restaurierungsarbeiten und mehr angeordnet werden. Auch für die Nutzer sieht Habersack Vorteile. So gibt es einen Vortragsraum, der teilbar ist, so dass zum Beispiel zwei Klassen gleichzeitig zu Besuch sein können. In der Burg musste dafür der Lesesaal herhalten.
Einen Nachteil aus Kempener Sicht kann Habersack nicht leugnen. Die Kempener müssen nun weitere Wege in Kauf nehmen. Das gilt auch für Schulklassen, die sich mit Archivarbeit im Unterricht befassen.
Michael Habersack sieht das Kreisarchiv in der Zusammenarbeit mit Schulen auf einem guten Weg — und das soll auch so bleiben. Es gebe vier Bildungspartnerschaften. In Kempen hob er besonders die Zusammenarbeit mit dem Thomaeum hervor, die auch in Zukunft fortgeführt werden soll. Dazu soll es auch ein „aufsuchendes Programm“ geben, sprich: Archivmitarbeiter gehen in die Schulen, um dort mit den Klassen zu arbeiten.
Für die Archivmitarbeiter sei es ein Vorteil, dass es in Zukunft nicht mehr mehrere Standorte geben wird. Das spare Zeit, die sinnvoller verwendet werden könne.
Das Stadtarchiv Kempen bleibe eine eigene Bestandsobergruppe des Kreisarchivs. Die Mitarbeiter seien aber nicht nach Orten, sondern nach Bereichen zuständig. Je nachdem, ob man sich also für Sozialverwaltung oder Kulturverwaltung interessiert, habe man dann unterschiedliche Ansprechpartner. Das Personal soll aufgestockt werden. Zwei Stellen seien ausgeschrieben, so Habersack.
Das Thema Digitalisierung will Habersack weiterführen. Es gebe einen großen Bestand an Personenstandsregistern, die nun nach und nach digitalisiert würden. Auch den Kempener Urkundenbestand hat der Historiker dafür im Blick. Bisher blieben die Urkunden wenig beachtet. „Wir haben keine 40 Nutzungen pro Jahr. Ich gehe davon aus, dass wir diese Zahl durch die Digitalisierung erhöhen können“, so Habersack. Zurzeit sei man dabei einen geeigneten Scanner anzuschaffen, der zum Beispiel auch Urkunden mit Wachssiegel erfassen kann.
Der Umzug der Archivgüter werde genauestens vorbereitet. „Vorher wird feststehen, welcher Karton in welches Regal geht“, so Habersack. Mit Blick auf den eigentlichen Umzug ist er daher recht entspannt. Dafür würde ein Umzugsunternehmen mit Erfahrung in diesem Bereich beauftragt. Der Archivleiter schätzt, dass dies innerhalb von sechs Wochen über die Bühne gehen wird.