Notfall-Übung mit den Nachbarn im Hotel „Via Stenden“

Das leer stehende Hotel „Via Stenden“ nutzten 130 Einsatzkräfte, um für den Ernstfall zu proben.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

St. Hubert/Kerken. Umgekippte Tische und Stühle, überall Papierfetzen auf dem Boden und Rauch, der aus einigen Zimmern dringt — im Foyer des ehemaligen Hotels „Via Stenden“ sieht es katastrophal aus. „Hilfe!“- und „Hallo?“-Rufe machen das realistische Szenario, es sei im Gastronomiebereich zu einer Explosion mit anschließendem Brand gekommen, perfekt. Doch es war nur eine Übung. Unter Leitung der Jugendfeuerwehr Kerken übten 130 Einsatzkräfte am Samstagvormittag den Ernstfall.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

„Wir nehmen an, dass 14 Mitglieder und sechs Ausbilder der Venloer Jeugdbrandweer auf der Autobahn 40 zum grenzüberschreitenden Jugendaustausch mit der Kerkener Jugendfeuerwehr unterwegs waren, als sie in Höhe der Abfahrt Kerken starke Rauchentwicklung bemerkten. Die Kreisleitstelle hat daraufhin die Jugendfeuerwehren aus Kempen, Kerken und Wachtendonk alarmiert“, fasst Peter Krings die Ausgangssituation der Übung zusammen. Als Leiter der Jugendfeuerwehr Kerken hat sich Krings das Szenario mitausgedacht. Es war die erste grenzüberschreitende Großübung dieser Art. Der Kontakt nach Venlo besteht seit vier Jahren.

„Die Übung startet!“, heißt es um 10.19 Uhr. Die ersten Einsatzkräfte sind bereits vor Ort, die Kollegen aus Venlo rücken mit Martinshorn an. Wie im Ernstfall informieren sich die Wehrleute zuerst über die Schadenslage, um zielgerichtet helfen zu können. Da Menschenretten vor Brandbekämpfung steht, wird zuerst der Verbandskasten aus einem Einsatzwagen geholt. „Personen vermisst“, heißt es, worauf erste Trupps unter Atemschutz zur Rettung in das Gebäude vordringen. Parallel werden C-Rohre ausgerollt und die Wasserversorgung sichergestellt. Eine Gruppe des Aldekerker Turnvereins (ATV), so steht es im Drehbuch, hat sich zum Unglückszeitpunkt in dem Hotel aufgehalten.

Noch wissen die Wehrleute nicht, dass sie insgesamt 28 Personen retten und versorgen müssen. Einige „Opfer“ sind in Panik geraten, sind weggelaufen und müssen von der Rettungshundestaffel aus Krefeld gesucht werden. Die ATV-Mitglieder Mille (11) und Marie (12) haben sich aus einem mit Kunstnebel verrauchten Hotelzimmer retten lassen, werden von Wehrleuten gestützt und husten heftig. Die Diagnose: Rauchvergiftung und Schock. „Gleich flüchten wir in Panik“, verraten die Mädchen, ohne dass es die Helfer mitbekommen. Auch wenn alles nach Drehbuch läuft — der Überraschungseffekt ist täuschend echt. Zeitgleich wird ein weiteres „Opfer“ mithilfe einer Bettdecke aus dem verqualmten Foyer getragen.

„Klasse improvisiert“, lobt Michael Grönheim, der die Übung aufmerksam verfolgt. Er und sein elfköpfiges Team von der Gelderner Rettungsdienstschule Intellexi haben die „Opfer“ mit Verbrennungen und Platzwunden geschminkt. Der Schulleiter betont, wie wichtig die ehrenamtliche Beteiligung an solchen Übungen ist: „Man kann nicht früh genug anfangen, Handlungskompetenzen zu trainieren.“

Nachdem um 12 Uhr die Übung beendet ist, stärken sich die Teilnehmer bei Suppe und Getränken, kommen ins Gespräch. Das Fazit der Macher: „Alles lief nach Plan. Die Zusammenarbeit der Einheiten soll weiter intensiviert werden“, sagt Peter Krings.