Propsteikirche Propsteikirche in Kempen: In Kleinstarbeit zum großen Ziel
Kempen · Bei der Sanierung der Fassade der Propsteikirche geht es um jeden einzelnen Stein. Ein Experte erklärte bei einer Auffahrt zum Turm alle Details. Wegen der mühevollen Arbeit steigen die Kosten.
Die Erneuerung der „Außenhaut“ der Propsteikirche St. Mariae Geburt ist ein aufwendiges Verfahren. Davon konnte sich Bürgermeister Volker Rübo in dieser Woche bei einer Auffahrt auf das Gerüst zusammen mit dem Architekten Thomas Blohm-Schröder und Vertretern der Kirchengemeinde ein Bild machen. Stein für Stein geht es mit der Sanierung von St. Marien voran.
Zunächst war mit feinem Granulat die obere Dichtungsschicht der Fassade, die sogenannte Schlämme, abgestrahlt worden, sodass der Tuffstein darunter frei lag. Außerdem wurden die Fugen entfernt. Die Steine darunter waren in sehr unterschiedlichem Zustand, wie Thomas Blohm-Schröder erklärte. Daher wurden besonders brüchige Steine mit sogenanntem Kieselsäureester behandelt, das zur Festigung und Konservierung von Naturstein verwendet wird.
Mit der bisherigen hydrophoben Dichtungsschicht auf dem Tuffstein hatte man keine guten Erfahrungen gemacht. Die frühere starre Schlämme bekam feine Risse. Wasser drang in den Tuffstein ein und konnte durch die wasserabweisende Schicht nicht wieder hinaus. Bei warmen Temperaturen schob das verdunstende Wasser die Dichtung weg und Hohlräume entstanden. Das machte die aktuelle Sanierung so dringend notwendig. Daher wird nun jeder einzelne Stein begutachtet und so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich mit dieser Grundierung behandelt. Einzelne Steine waren so brüchig, dass sie ersetzt werden mussten.
„Zudem musste eine ganze Reihe kleiner Löcher mit Antragsmörtel verfüllt werden“, schildert Architekt Thomas Blohm-Schröder. Der derzeit sichtbare Tuffstein wurde um das Jahr 1770 an der Kirche angebracht. Damals setzte man den neuen Stein einfach vor das alte Mauerwerk. Mit der Zeit bildeten sich durch Reibung Hohlräume, sodass die Steine bei der letzten größeren Sanierung in den 1980er und 1990er Jahren mit Metallbolzen am dahinter liegenden Mauerwerk verankert wurden. Auch im Zuge der aktuellen Arbeiten mussten nach einmal 200 solcher Bolzen eingefügt werden, um lose Steine zu verankern. Rund 3500 Bolzen halten nun den Stein an der Kirche. Diese verursachten Löcher im Stein, die nun alle einzeln verfüllt werden mussten. Zusätzlich sorgten gröbere Steine im Tuffstein, die hervorstanden und entfernt wurden, für weitere Löcher.
Vor dem Entfernen der alten Schlämme war das Ausmaß der Arbeit dafür nicht absehbar. Auch an den Fenstern mussten Steinelemente ausgetauscht werden, was man vorher nicht in dem Ausmaß erwartet hatte. „Durch die Mängel, die in der Bauvorbereitung noch nicht erkennbar waren, rechnen wir mit erheblichen Mehrkosten. Die werden derzeit noch ermittelt“, sagt Joachim Minten, der für die Pfarrgemeinde die Sanierungsarbeiten koordiniert. Zudem hat das Verfüllen der kleinen Löcher für einen zeitlichen Verzug gesorgt, weil zwischen den Arbeitsschritten immer Pausen folgen mussten, in der die Masse trocknen konnte.
Mittlerweile hat der Turm, der bis zu den Giebelspitzen rund 36 Meter Höhe misst, bereits weitgehend die neue Dichtungsschicht erhalten. Die Beschichtung wird in drei bis vier Arbeitsschritten aufgetragen. Die sehr flüssige Schlämme wird mit einem Quast großzügig aufgetragen, um alle Poren zu verschließen, dann mit einer Kelle abgezogen und anschließend erneut mit dem Quast verstrichen, um die Struktur des Steines unter der Schicht, die nur zwischen zwei und fünf Millimeter dick ist, wieder herauszuarbeiten.
Im Oktober soll der Anstrich beginnen. Bis wann die Arbeiten noch dauern, ist stark witterungsabhängig. Besonders Feuchtigkeit auf der Fassade würde die Arbeiten verzögern. Aber wenn alles gut läuft, werden Turm und Westfassade des Gotteshauses zu Weihnachten im neuen Glanz erstrahlen. „Den Turm werden wir wohl schon früher abrüsten können“, so Blohm-Schröder.
Am liebsten würde der Architekt gleich im neuen Jahr mit den nächsten Arbeiten beginnen. Denn 2020 soll die Nordfassade, zum Thomasdenkmal hin, saniert werden.