Rauchverbot: „Am Ende wartet auf uns Hartz IV“
Viele Wirte fürchten um ihre berufliche Existenz.
<strong>Kempen/Grefrath/Nettetal. Für viele Kneipengänger steht fest: Rauch gehört zur Pinte wie Alkohol ins Bier. Doch ab 1. Januar 2008 darf auch im Stammlokal um die Ecke nur noch in abgetrennten Nebenräumen geraucht werden. Darauf hat sich die NRW-Regierungskoalition aus CDU und FDP geeinigt. Während Nichtraucher aufatmen, geht hinter der Theke die Angst um. Viele Wirte wissen nicht, was auf sie zukommt. Insbesondere Inhaber von Lokalen mit nur einem Raum fürchten um ihre Existenz. "Die kleinen Kneipen werden kaputt gemacht", sagt Hubert Frieters vom Kempener Markt-Treff am Viehmarkt 2. Etwa 80 Prozent seiner Gäste seien wie er Raucher. Viele hätten bereits angekündigt, dass sie ihr Bier nach Inkrafttreten des Verbots lieber zu Hause trinken. Einen abgetrennten Raum kann er in seinem kleinen, nur 50 Sitzplätze fassenden Lokal nicht einrichten. Seit 23 Jahren führt er mit seiner Frau den Markt-Treff. "Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergehen soll."
Peter Mockenhaupt hat seine 45 Quadratmeter große "Kleine Kneipe" vor 19 Jahren an der Heilig-Geist-Straße 4 in der Altstadt eröffnet. Weil die Mehrheit seiner Kunden Nichtraucher seien, mache er sich keine großen Sorgen über die neue Gesetzgebung. Aber es habe so gut wie nie Beschwerden über zuviel blauen Dunst gegeben. "Deshalb sollten die Wirte selbst bestimmen dürfen, ob sie eine Raucherkneipe sein wollen oder nicht."
Das fordert auch Horst Kockers von der Kneipe "Zur Altstadt". Und weiter: "Angst habe ich auch. Aber in Italien und Irland hat es auch funktioniert. Warum sollten wir uns nicht umstellen können?" Und wenn alles nichts hilft, hat er noch eine Idee in der Hinterhand: "Vielleicht gründe ich einen Raucherclub, in dem auch Bier ausgeschenkt werden darf. Es gibt dann Mitgliedsausweise, auf denen jeder sein Einverständnis zum Rauchen erklärt haben muss."
Bei Walter Messig vom Haus Kother am Hampoel 8 in Leuth herrscht wie bei vielen Wirten große Unsicherheit. "Wir haben eine Schiebetür, mit der der hintere Bereich abgetrennt werden kann. Aber reicht das?" Der Gesetz schreibt "Wand und Tür" als Teiler vor. Eine Wand will Messig aber auf keinen Fall ziehen. "Bei großen Veranstaltungen wie zum Beispiel Karneval brauche ich einen großen Raum." Wundern muss sich Messig auch über den Termin 1. Januar. "Wie soll ich Silvester einer angetrunkenen Gesellschaft erklären, dass sie nach Mitternacht das Rauchen einstellen soll ?"
Fragen über Fragen stellen sich auch Eva Pomplun von "Zum Fürsten Blücher", dem Bierlokal am Markt 1 in Grefrath. "Ob wir bald auch nur noch drei Bier pro Gast und Abend ausschenken dürfen? Ist doch auch gesünder." Vom Vorschlag, dass ihre Gäste auch vor der Tür qualmen könnten, hält sie nicht viel. "Die Anwohner beschweren sich schon jetzt regelmäßig, wenn es ihnen nach 22 Uhr zu laut wird."
Wann? Das von CDU und FDP ausgearbeitete Nichtraucher-Schutzgesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.
Wo? Absolutes Rauchverbot gilt in Kindergärten, Schulen und Schulhöfen, Krankenhäusern und Kneipen ohne Raucherzimmer.
Ausnahmen In abgetrennten Räumen ist Rauchen nach wie vor erlaubt - und zwar in Gaststätten, Restaurants, Flughäfen, Sporthallen, Kinos und Rathäusern sowie anderen Behörden.
Erlaubt Gestattet bleibt das Rauchen auf offener Straße, in öffentlichen Grünanlagen, in privat gemieteten Gaststätten, in Festzelten, bei Volksfesten und Zuhause.