Realschule Die Theatergruppe ist dann mal weg

Kempen. · Das letzte Theaterstück an der Kempener Realschule wird die Aufführung von „Ich bin dann mal weg“.

Die Mitglieder des Theaterensembles der Kempener Erich Kästner Realschule freuen sich auf die Aufführung und das Ende ihrer Schulzeit.

Foto: Norbert Prümen

Wo geht’s jetzt lang, nach der Schulentlassung? Die Schüler der Kempener Erich Kästner Realschule, die da auf der Bühne ihrer Aula stehen, wissen’s nicht genau. Sie tauschen ihre Visionen von der Zukunft aus, reden davon, was sie erfüllt, jetzt, wo sie ihre Schule verlassen, ins so genannte Leben gehen. Die Schule läuft in wenigen Tagen nach 55 Jahren aus.

.„Ich habe Angst, den falschen Weg zu wählen“, sagt Steffi. „Hoffnung solltest du haben“, erwidert Jil. „Und die Angst lässt du schön zuhause. Die packst du nicht ein.“ Aber wenn die Angst wegbleibt, was erfüllt einen dann? „Man vergleicht sich permanent mit anderen!“, meint Caro. „Die anderen haben die perfekten Körper.“ Elias ist pessimistisch: „Wir Menschen sind nur dazu da, ein Stadion zu füllen, und von den Spielern in der Mitte werden wir kontrolliert. Macht haben wir keine.“ Ron widerspricht; „Wir sollten vieles ändern.“ Marie wird konkret: Sozial und politisch einsetzen müssen wir uns, damit wir was erreichen!“ Zwischendurch klingen Songs auf: „Du nimmst all’ den Ballast/ und schmeißt ihn weg/denn es reist sich besser… mit leichten Gepäck.“ Bald sind sie ja weg.

„Ich bin dann mal weg“ – das ist der Titel des Stücks, das zwölf Schülerinnen und Schüler hier proben. Nach 55 Jahren schließt die Kempener Realschule ihre Pforten, und die zwölf hier auf der Bühne gehören zu den letzten Realschülern der Stadt. Am Dienstag, 25. Juni, werden sie entlassen. Sieben Tage vorher – am Dienstag, 18. Juni – führen sie das Stück auf, mit dem die Realschule öffentlich Abschied nimmt.

Seit 2012 hat die Gruppe acht Bühnenstücke aufgeführt

Das wird der Bühnen-Abschluss einer ganzen Theater-Ära sein, die 2012 begann und acht bemerkenswerte Bühnenstücke hervorgebracht hat. Ihre Basis war die Zusammenarbeit zweier Künstlerinnen: Susanne Stangl, Schauspielerin und Medien-Sprecherin aus Köln, und Musiklehrerin Sonja Kandels aus Kempen, die nicht nur Kennern als Jazzsängerin bekannt ist. Das Konzept des Kreativ-Duos: Themen auf die Bühne bringen, von den Schülern möglichst selbstständig gestaltet, in denen die jungen Leute sich wieder finden.

Auftakt war im Juni 2012 ein Kempener Tatort: „Das Blaubeermariechen“. Unter Mitwirkung von 58 Jugendlichen und zweier theaterbegeisterter Deutschkollegen – Christoph Feldmann und Lena Ising – wurde an die Serienmörderin Maria Velten erinnert, die zwischen 1963 und 1982 fünf Menschen sterben ließ. Auf Video-Bildern dringen die Ermordeten auf die Giftmischerin ein, fordern Rechenschaft. Im Mai 2013 folgt das Musical „Fahrt der Gefühle“, in dem die Darsteller mit der Kempener U-Bahn zwischen Träumen und Angstzuständen, durch Visionen und Sehnsüchte fahren.

Als 2014 die Realschule ihr 50-jähriges Bestehen feiert, bringt die Kandels-Stangl-Truppe vor einem anrührenden Rosenbühnenbild eine Hommage an den Namensgeber der Schule, Erich Kästner: „…und was vorüber schien, beginnt!“ Die Revue voller Humor und Tiefgang erntet begeisterten Applaus. Im Juni 2015 folgt „Handycap“ – eine Komödie über Mediensucht.

Woran sich 2016 ein Abend mit Schauerballaden anschließt. „Wir stellten den Schülern die Frage: Was würdest du tun, ginge morgen die Welt unter?“, hat Susanne Stangl später berichtet. „Ihre Antworten bauten wir zu Szenen aus.“ Resonanz über Kempen hinaus findet 2017 die aktuelle Inszenierung „Bei aller Liebe…“, die ein Zeichen gegen Fremdenhass setzt. „Ich“ heißt das Musical, das ein Jahr später mit Ausdrucksformen wie Body Percussion und Sprechchören, Songs und Sprachcollagen darstellt, was Jugendliche auf dem Weg zur eigenen Persönlichkeit umtreibt.

Und jetzt – zum Finale der Realschule – das musikalische Abschieds-Stück „Ich bin dann mal weg.“ „Was wird einen auf die Reise ins Leben nach der Schule begleiten? Was lässt man zurück?“ Das sind die Fragen, die die Jugendlichen sich und den Zuschauern stellen. Wie auch immer die Antworten lauten: Sonja Kandels und Susanne Stangl haben bei den Schülern eine Menge zurückgelassen: Erinnerungen an Songs und Tänze, die den jungen Leuten in Stimme und Körper fuhren; Fragestellungen, die sie zum Nachdenken brachten. Das ist doch eine Menge wert.