Das Schulprofil Thomaeum lebt die europäische Idee
Kempen · Sprachen und ein reger Austausch sind zentrale Anliegen. Ein anderer Schwerpunkt liegt auf Musik und Literaturprojekten.
Während viele das Wort Brexit nicht mehr hören können, ist Agnes Regh vom bevorstehenden EU-Austritt Großbritanniens immer noch „etwas elektrisiert“. Als neulich mal wieder ein Sitzungs-Marathon mit diversen Abstimmungen im britischen Unterhaus anstand, „habe ich bis in die Nacht den Live-Ticker verfolgt“, sagt die Schulleiterin des Gymnasiums Thomaeum im Gespräch mit der WZ. Als überzeugte Europäerin blicke sie weiterhin gebannt darauf, was die Briten nun aus der europäischen Idee machen.
Schüler aus anderen Ländern
sind oft in Kempen zu Gast
Da passt es bestens, dass das Thomaeum anerkannte Europaschule ist. Im Schulalltag und darüber hinaus gehöre die Vermittlung dieser europäischen Idee dazu. In Projekten, bei Klassenfahrten und in Austauschprogrammen werde das europäische Profil der Kempener Schule vertieft. Die Niederlande, Italien, Polen, Frankreich und eben auch Großbritannien würden regelmäßig über Fahrten und Austausche besucht. Im Gegenzug sind Schüler aus diesem Ländern in Kempen zu Gast. „Besonders freut mich, dass die Partnerschaft zu Ulanow in Polen wieder verstärkt worden ist“, so Regh. Beim internationalen Profil der Schule geht der Blick aber auch nach China. Im Unterricht gehören Sprachangebote in Spanisch, Niederländisch und Chinesisch dazu.
Einen weiteren Schwerpunkt setzt das 1659 gegründete Gymnasium im kulturellen Bereich. Mit Musik- und Literaturprojekten hat sich die Schule in den vergangenen Jahrzehnten einen Namen gemacht. Bei den vielen Angeboten ist derzeit die Kooperation mit der Kreismusikschule hervorzuheben. „Die Musikschule bietet hier in der Schule Kurse an“, sagt Regh. Die Kempener Kinder müssten also in den meisten Fällen nicht nach Viersen fahren. Zudem profitiere das Thomaeum davon, dass die Instrumente der Musikschule in Kempen sind und auch im Unterricht genutzt werden können. „Als ich vor zweieinhalb Jahren hier angefangen habe, war die Ausstattung bei den Instrumenten sehr schlecht. Die Kooperation mit Viersen hat uns nach vorne gebracht“, sagt Regt, die selbst Musik unterrichtet.
Kulturelle Highlights setzen die Projektgruppen des Thomaeums regelmäßig. Jüngst mit dem Musical „Hairspray“. Von Mittwoch bis Samstag gab es vier ausverkaufte Vorstellungen. „Es ist einfach unfassbar schön, dass die Schülerinnen und Schüler so viel Freude auf der Bühne entwickeln“, so Regh. Das gelte sowohl für Musicals als auch für Konzerte und Theateraufführungen. Aber auch für den künstlerischen Bereich, der unter anderem beim Kempener Martinszug mit besonderen Fackeln im Vordergrund steht.
Profil im MINT-Bereich hat ebenfalls einen hohen Stellenwert
Ein weiteres Profil hat sich das Thomaeum im MINT-Bereich gegeben. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik haben – wie am Luise-von-Duesberg-Gymnasium (LvD) – einen besonderen Stellenwert. Das Thomaeum setze auf praxis- und lebensnahen Unterricht in diesen Fächern. So bestünden Partnerschaften mit Zoos und Hochschulen. Und das Wissen werde im Schulalltag angewandt.
Auch die Debatte rund um den Klimaschutz mit den laufenden Freitags-Demonstrationen von Jugendlichen in aller Welt sei Bestandteil des Unterrichts – aus gesellschafts- und naturwissenschaftlicher Sicht. „So konnten wir jüngst auch die Freitags-Demonstration in Kempen in den Unterricht einbetten.“ Viele Schüler konnten so während des Unterrichts mit ihren Lehrern zum Buttermarkt. „Ich finde das Engagement und das Interesse der Kinder und Jugendlichen einfach toll“, sagt Agnes Regh. Schulleitungen müssten bei diesem Aspekt Lösungen finden, die mit der Einhaltung der Schulpflicht vereinbar seien.
Nach langen Jahren des Wartens auf eine bessere technische Ausstattung des Gymnasiums sieht Regh die Schule in diesem Bereich gut aufgestellt. „Durch die Unterstützung des Schulträgers sind inzwischen 21 Klassen- und Kursräume mit digitalen Präsentationsmöglichkeiten ausgestattet. Meist haben wir stabiles WLAN in allen Gebäudeteilen“, so Regh. Grundsätzlich habe die Umsetzung in der Vergangenheit aber einfach zu lange gedauert. Bis zum Beispiel die angeschafften Beamer mit einer ausreichenden Stromversorgung ausgestattet waren, seien eineinhalb Jahre vergangen.
Grundsätzlich nimmt Agnes Regh aber nach eigenen Angaben wahr, dass Stadtverwaltung und Politik verstanden haben. Dies sei auch ihr Eindruck nach der Sitzung des Bauausschusses, in dem es um das rund 50 Millionen schwere Sanierungsprogramm für die weiterführenden Schulen ging (die WZ berichtete). „Alle sind daran interessiert, dass etwas passiert, dass sich etwas verbessert“, so Regh. Das zeige auch das persönliche Engagement von Bürgermeister Volker Rübo in den pädagogischen Workshops mit einem Fachbüro. „Bei allem Nachdenken und Reden über den großen Wurf habe ich aber die Sorge, dass dringend notwendige Dinge nicht schnell genug in Angriff genommen werden“, so Regh. In allen Schulen gebe es Probleme, die schnellstmöglich gelöst werden müssten.
Als „sehr positiv“ bewertet Regh die Kooperation in der Oberstufe mit dem LvD. Diese besteht seit 1976 und sei eine Stärkung für beide Schulen. „Wir erhöhen das Kursangebot und durch den gegenseitigen Austausch profitieren wir alle“, sagt Regh. Sie ergänzt aber, – wie ihr LvD-Kollege Benedikt Waerder (die WZ berichtete) – dass auch die Konkurrenzsituation wichtig sei.
Die Kooperation von Thomaeum (700 Schüler, 70 Lehrer) und LvD (670 Schüler, 70 Lehrer) sei aber auch ein planerischer und logistischer Aufwand. „Die Abstimmung für die einzelnen Kurse geht runter bis in die Sekundarstufe 1“, sagt Regh. Allein aus diesem Grund hält sie eine Ausdehnung der Kooperation auf die 2020 startende Oberstufe der Gesamtschule nicht für sinnvoll. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das umzusetzen ist“, so Regh. Sie geht damit wie Benedikt Waerder auf Abstand zur Kooperations-Anregung von Gesamtschulleiter Uwe Hötter. Gesprächen wolle sie sich aber nicht verschließen, ergänzt Regh.