Kempen: Gespräch mit Schulleiter des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums LvD setzt auf mehr Selbstverantwortung der Schüler
Kempen · Die WZ sprach mit Rektor Waerder über das Profil des Gymnasiums und Zukunftspläne.
Ganz am Ende des gut einstündigen Gesprächs fällt Schulleiter Benedikt Waerder noch etwas Wichtiges ein. Ein Detail, weshalb er jeden Tag gerne zur Arbeit ins Luise-von-Duesberg-Gymnasium (LvD) kommt. „Wir haben tolle Schüler“, sagt Waerder. „Sie engagieren sich in der SV oder als Klassenpaten.“ Gemeinsam mit einer engagierten Elternschaft und einem ebenso eifrigen Kollegium habe man im LvD tatsächlich eine Schulgemeinschaft. Klar, gebe es auch Streit auf dem Schulhof oder Kritik aus der Elternschaft. „Aber im Grundsatz ziehen wir hier an einem Strang“, so Waerder.
Unterstützung durch
den Förderverein
Ein Grundsatz, der für das Fortkommen des LvD schon häufig von Bedeutung gewesen sei. So habe man dank der Unterstützung aus der Elternschaft über den Förderverein eine Menge Technik im Haus, die der Digitalisierung durchaus gerecht werde. „Wir sind in jedem zweiten Raum mit entsprechenden Medien ausgestattet“, so Waerder. Eine funktionierende WLAN-Struktur sei mit Unterstützung der Hochschule Niederrhein ebenso vorhanden.
Dass es bei diesen genannten Aspekten und auch in anderen Bereichen durchaus ein etwas mehr Unterstützung seitens der Stadt Kempen sein könnte, will Waerder nicht verhehlen. Ein Beispiel: Seit 2013 hat das LvD ein Selbstlernzentrum (SLZ) mit mehreren medialen Möglichkeiten. Ein großes Problem sei aber, dass die Stromversorgung nicht ausreichend sei. „Im SLZ dürfen nur vier Computer gleichzeitig eingeschaltet sein“, sagt der Schulleiter.
Die räumlichen und technischen Voraussetzungen sollen sich vor allem durch das städtische Projekt Schulcampus verbessern. Die Stadt muss und will rund 50 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die 14 Gebäude der weiterführenden Schulen auf den neuesten Stand zu bringen (die WZ berichtete). Aus Sicht von Waerder ist diese Summe bei weitem nicht das Ende der Fahnenstange, weil eben bislang nur architektonische Aspekte berücksichtigt worden sind. Die Raumkonzepte der Schulen werden noch erarbeitet. „Die Verbesserungen müssen deutlich werden. Missstände müssen beseitigt werden. Und bislang haben wir noch keine pädagogischen Verbesserungen berücksichtigt“, findet Benedikt Waerder nach der Gutachten-Vorstellung im Bauausschuss deutliche Worte.
Oberstufenkooperation mit Gesamtschule nicht sinnvoll
Grundsätzlich sieht der Direktor „seine“ Schule bestens aufgestellt. Und das trotz sinkender Anmeldezahlen. Derzeit werden 673 Schüler von etwa 70 Lehrern unterrichtet. Früher seien es meist um die 850 Schüler gewesen. Mit Blick darauf sagt Waerder, dass die Einführung des Abiturs nach acht Jahren (G8) der entscheidende Faktor für diese Entwicklung gewesen sei. „Es ist so, dass Haupt- und Realschüler seit einigen Jahren eher an eine Gesamtschule mit G9 im Umkreis wechseln. Oder eben zum Berufskolleg, dass wir hier in Kempen haben“, sagt Waerder. Nicht nur deswegen begrüße er die nun beschlossene Rückkehr zu G9 an den Gymnasien. „Das bedeutet eine Entlastung für die Schüler. Und ich denke, dass man nach 13 Schuljahren schon eher weiß, wo es mal hingehen soll, als nach zwölf Jahren.“
Bei der schon erwähnten Schulform Gesamtschule fällt der thematische Sprung zu der in Kempen leicht. In dieser wird 2020 die Oberstufe an den Start gehen. Und Gesamtschulleiter Uwe Hötter hatte im WZ-Gespräch den Wunsch nach einer Kooperation mit den Gymnasien LvD und Thomaeum geäußert. Entsprechende Gespräche will Waerder zwar gerne führen – er hat jedoch eine klare Haltung: „Ich denke nicht, dass eine Kooperation mit der Gesamtschule Sinn hat. Ich möchte diese auch nicht.“ Es bestehe seit Jahrzehnten eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen LvD und Thomaeum, um möglichst viele Oberstufenkurse in Kempen zustande zu bringen. Dabei sollte es bleiben. Waerders Einstellung hat dabei auch etwas mit dem gymnasialen Profil zu tun, das sich weiterhin von dem einer Gesamtschule unterscheiden solle.
Dazu gehört am Duesberg-Gymnasium eine Vielzahl von Bereichen außerhalb des Unterrichts. Vor allem in den sogenannten MINT-Fächern gebe es viele engagierte Schüler. Bei naturwissenschaftlichen Wettbewerben wie „Jugend forscht“ räumen LvD’ler Jahr für Jahr Preise ab. Ebenso sei die Kultur ein Faktor. Im musikalischen Bereich gebe es Big Band, Chor, Jubi-Band und United Horns. Seit neuestem erfreue man sich zudem am musikalischen Abend „Sounds of Silence“. Und auf die Kultur-Splitter folgt ein neues Projekt: der „Kultur.Punkt“.
Sechs Tage im Jahr ohne Stundenplan in Planung
Viel Energie steckt das Kollegium nach Angaben des Schulleiters derzeit in die Entwicklung sogenannter Portfolio-Tage. „Wir planen sechs Tage pro Jahr ohne Stundenplan. An diesen Tagen soll es Workshops und Exkursionen geben“, sagt Waerder. „Die Schüler sollen diese Tage nach ihren Profilen und Interessen gestalten können. Das kann naturwissenschaftlich oder politisch sein.“ Das könne aber auch die Mitarbeit im Sanitätsdienst oder eine spezielle Förderung sein. „Und ich möchte, dass jeder in seiner Schullaufbahn an einer Gedenkstättenfahrt teilnimmt“, ergänzt Waerder. Vorgesehen seien sechs Portfolio-Tage pro Jahr. Bei neun Schuljahren komme ein Schüler im Idealfall also auf 54 Tage in Selbstverantwortung. Der Startschuss soll im neuen Schuljahr erfolgen.
Bliebe noch die schulpolitisch durchaus heikle Frage, ob Kempen denn auch in Zukunft zwei eigenständige Gymnasien braucht? „Ja“, sagt Waerder. „Zwei Gymnasien bieten aus meiner Sicht viele Vorteile.“ Bei allen Kooperationen mit dem Thomaeum schätzt der LvD-Leiter nach eigenen Angaben die Konkurrenz zur Nachbarschule. Denn die belebe das Geschäft, schärfe die jeweiligen Profile und mache alle besser. „Ebenso finde ich wichtig, dass wir zwei kleinere Einheiten statt einer großen haben. Und die Trennung der Gebäude wird sich ohnehin nicht aufheben lassen.“